Erläuterungen zu
Der Griechen Struwwelpeter“

 

Diese Bearbeitung des Struwwelpeters entstand 1994 in einer 6. Klasse Gymnasium des Bundesgymnasiums und Bundesrealgymnasiums Keimgasse in Mödling/NÖ. Die Parodie ist das Gemeinschaftswerk der fünf „Griechen“. Mit diesem Wort bezeichnete man schon zu meiner Schulzeit (Maturajahrgang 1965) die Schüler, die den humanistischen Zweig des Gymnasium gewählt haben und von der 5. bis zur 8. Klasse neben Latein Altgriechisch als zweite Fremdsprache lernen. Da ich selbst ebenfalls eine „Griechin“ an derselben Anstalt war, weiß ich diesen Scherz doppelt zu würdigen und freue mich, daß ich andere Sammler über diese Rarität informieren kann.

Der Text des lateinischen Prologs ist eine Variation aus Ovids „Tristia“ (I/3/1-6). Das Versmaß, in dem sie verfaßt sind, heißt Elegisches Distichon, bestehend aus einem Hexameter und einem Pentameter. Die Tristien sind die Klagelieder des Ovid, die er in der Zeit seiner Verbannung nach Tomis, verfaßt hat. Tomis ist das heutige Konstanza am Schwarzen Meer in Rumänien.

 

Cum subit illius tristissima ... St. Pölten ist die relativ junge Landeshauptstadt von Niederösterreich (bis 1986 gab es keine Landeshauptstadt, Sitz der Niederösterreichischen Landesregierung war die Bundeshauptstadt Wien). Mödling ist ca. 70 km von St. Pölten entfernt und St. Pölten war der neue Dienstort des Griechischlehrers. Die erwähnte Person mit Namen Zelfel ist die Direktorin des Gymnasiums, Frau Dr. Margarete Zelfel.

 

Wenn die Kindchen artig sind ...   Mag. Brigitte Puxkandl war die Griechischlehrerin und pflegte ihre fünf Schüler gerne als „Kindchen“ zu bezeichnen. Mit der erwähnten „Schnellbahn“ kommen viele Schüler aus den umliegenden Gemeinden nach Mödling, das eine ausgesprochene Schulstadt ist. Daß es in den von den Schülern frequentierten Waggons manchmal auch turbulent wird, kann man sich gut vorstellen.

 

Seht Diogenes, den Hund!  Die Jahreslektüre waren einerseits die Kyniker des Diogenes von Sinope, andererseits der Phaidon des Plato. Diogenes hatte den Spitznamen Kyon, d. h. Hund. Der Name Kyniker könnte sich davon herleiten, wahrscheinlicher aber vom Namen des Gymnasiums, an dem der Begründer dieser philosophischen Richtung lehrte, Cynosarges. Diogenes lebte angeblich in einer Tonne und soll bei Tageslicht mit einer Laterne den wahren und aufrechten Menschen in den Straßen von Athen gesucht haben. Die letzten beiden Zeilen spielen auf die Begegnung zwischen Diogenes und Alexander dem Großen an, bei der Diogenes auf die Frage Alexanders nach einem Wunsch ja angeblich geantwortet haben soll: „Geh mir aus der Sonne“.

 

Die Geschichte vom bösen Friederich: Die Bearbeitung war als Abschiedsgeschenk für den Griechischlehrer Mag. Fritz Fassler gedacht, der sein Probejahr an diesem Gymnasium absolvierte und sehr milde und freundlich zu den Schülern war.

 

Die Geschichte von den blauen Griechen: Helios ist der griechische Sonnengott; Chairephon war ein treuer Anhänger des Sokrates. Phaidon war ebenfalls ein Schüler des Sokrates und Plato nannte seinen Dialog nach diesem Schüler. Meletos hieß einer der drei Ankläger des Sokrates. Himation ist ein mindestens knielanger Überwurf, der Bestandteil der Kleidung war, sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Durch den Schierlingsbecher starb nicht nur Sokrates, und Dionysos  ist bekanntlich der Gott des Weines.

 

Die Geschichte von der wilden Hantsch: Mag. Ingrid Hantsch war Russischlehrkraft an dieser Schule und pflegte sich über „die Griechen“ lustig zu machen.

 

Die Geschichte von der Stammformentabelle: Genau wie die unregelmäßigen Verben im Englischen gelernt werden müssen, so ist es auch im Griechischen notwendig, die Stammformen eines Verbums wie am Schnürchen zu beherrschen. Mag. Puxkandl wollte jedoch nicht, daß die Schüler voraus lernen.

 

Die Geschichte vom Zappel-Stefan:  didaskaloV ( (didaskalos) ist das griechische Wort für Lehrer.  grammateion (grammateion) ist die Schreibtafel.

 

Gunilla Guck-in-die-Luft: Die Schüler führten unter der Leitung von Mag. Fassler „Die Wolken“ von Aristophanes auf, in denen Sokrates verrissen wird. Der Lahmer ist der Autor der griechischen Grammatik, die an dieser Schule verwendet wurde.

 

Die fliegende Michi: Fränzl ist die Tanzschule, in der die Mödlinger Schüler seit Generationen tanzen und gutes Benehmen lernen können. Die Schülerin hatte außerdem das Wintersemester 1993/94 an einem Gymnasium in Irland verbracht.

Die Namen der fünf „Griechen“ sind: Gunilla Drofenik, Richard Fulton, Michaela Gruber, Stefan Kral, N.N.

 

nach oben