150 Jahre Struwwelpeter

 

Katalog zur Ausstellung

vom 19. Jänner bis 6. Februar 1995

in der Volksbank in Baden

dem Kurmittelhaus

der Pädagogischen Akademie

 

 

Verfaßt von Adelheid Hlawacek

mit Beiträgen von Prof. Mag. Kurt Allabauer und
Marianne Harzhauser

 

 

 

 

1     Vorwort

Warum eine Ausstellung über ein Kinderbuch, das seit 150 Jahren seine Leser erheitert, empört, zu wissenschaftlichen Abhandlungen anregt, Politsatiren als Vorlage und Karikaturisten als Ideenpool dient?

Für meine fünf Geschwister und mich war der Struwwelpeter ein Bilderbuch , - von denen wir übrigens nicht allzu viele besaßen - wie jedes andere auch, das die Größeren den Kleineren vorlasen, bis sie es auswendig und damit auch selber lesen konnten. Ich selbst ließ mich durch den Schneider mit der Scher durchaus nicht vom Daumenlutschen abhalten und gab diese "Unart" später von selber auf. Als ich ungefähr 15 oder 16 Jahre alt war, hörte ich, daß es einen "Aegyptischen Struwwelpeter" geben sollte, der noch dazu von einem Verwandten geschrieben worden sei. Zufällig fand ich etliche Jahre später eine Neuauflage des "Aegyptischen" in einer Münchener Buchhandlung, wenig später eine Dialektausgabe des "echten" Struwwelpeter, und damit war mein Sammlerinstinkt geweckt. Fremdsprachige Ausgaben und weitere Bearbeitungen, sowohl für Kinder als auch für Erwachsene, kamen im Lauf der Zeit dazu und damit auch die Beschäftigung mit dem Mann, der hinter dieser scheinbar unsterblichen Figur steht. Die Sammlung war inzwischen stark angewachsen und das Jubiläumsjahr bot sich für eine Präsentation geradezu an.

Ich hatte die Idee, eine Ausstellung zu gestalten, suchte Räumlichkeiten und Sponsor und ging auf "Herbergsuche". Die Volksbank Baden macht immer wieder kulturelle Veranstaltungen, Ausstellungen u. ä. und hat eine eigenes Schulenkonzept. So getraute ich mich, dort anzufragen. Der Marketingleiter schaute mich zunächst verständnislos an - "Und da wollen Sie ein Buch ausstellen???".  Nach einer kurzen Erklärung war er in der Lage, das Konzept so zu vermitteln, daß die Ausstellung bewilligt wurde.

Dafür bedanke ich mich bei der Volksbank Baden.

Mein Dank gilt auch dem Bürgermeister der Stadt Baden, weil er mich tatkräftig unterstützte;

der Direktion der Pädagogischen Akademie sowie den angeschlossenen Übungsschulen;

dem Bundesinstitut für Sozialpädagogik;

dem Jugendensemble der Musikfreunde der Stadt Baden;

den Lehrern, den Studierenden und Schülern, die Beiträge für diese Ausstellung gestaltet haben und für die mit diesem Anlaß verbundenen Veranstaltungen Verantwortung übernommen haben.

2     Daten zum Leben Heinrich Hoffmanns und zur Geburt des Struwwelpeter

1809

am 13. Juni wird Hoffmann in Frankfurt geboren. Er ist das einzige Kind des Architekten und Städtischen Wasser-, Wege- und Brückenbauinspektors Philipp Jacob Hoffmann (1772 - 1834) und dessen Frau Marianne Caroline geb. Lausberg (1776 - 1810). Die Mutter stirbt ein halbes Jahr nach seiner Geburt.

1813

im Jahr der Völkerschlacht bei Leipzig, heiratet der Vater die jüngere Schwester seiner ersten Frau, Antoinette Lausberg (1784 - 1863) , die Heinrich eine liebevolle Stiefmutter ist.

1816

Die Schulzeit in der Weißfrauenschule dauert nur solange, bis die Mutter entdeckt, daß Heinrich Läuse aus der Schule mitbringt. Ab da erhält er zusammen mit der jüngeren Schwester Privatunterricht. Später besuchte er das Gymnasium im ehemaligen Barfüßerkloster an der Paulskirche und schließt 1828 seine Schulzeit ab. In seinen Lebenserinnerungen beurteilt er den Unterricht an dieser Anstalt als sehr schlecht, ". . . wir im Gymnasium wandelten noch durch eine unfruchtbare Einöde."

1829

Beginn des Studiums der Medizin in Heidelberg

1832

setzt er seine Studien an einer Klinik in Halle fort. Gleich zu Beginn seiner praktischen Arbeit erfährt er die ganze Härte seines Berufs: "Als ich ankam, begrüßten mich gleich Cholera und Blattern...Ich erinnere mich noch eines tödlich verlaufenen Cholerafalls...Der Kranke wurde von mir vorschriftsmäßig an den Armen und Beinen mit verdünnter Salzsäure eingerieben und nahm seine Mixtur; aber es half alles nichts; während ich selbst unten an den Beinen eifrig rieb, starb der Mensch oben, und ich war wirklich sehr verwundert..." Vor Abschluß seiner Studien in Halle wird ihm ein Stipendium bewilligt, das mit einem Auslandsaufenthalt verbunden ist.

1833

Wegen Geldmangels geht er im Juli verspätet ins Examen und wird zum Doktor promoviert. Die Feierlichkeiten zur Promotion empfindet er als lächerlich ...Es war eine Komödie, von Krahmer und mir in Szene gesetzt. Unsere Thesen, Angriffe und Verteidigung, hatten wir niedergeschrieben und in leidliches Latein übersetzt. Wir lasen oder rezitierten sie wie eine Lustspielszene in Rollen vor." -  Im Oktober reist er auf grund des Stipendiums nach Paris.

1834

Im August wird er nach Hause gerufen, da sein Vater schwer erkrankt ist und bald nach der Rückkehr stirbt.

1835

Hoffmann muß eine zweite Abschlußprüfung ablegen vor einem Frankfurter Kollegium, da Frankfurt als Freie Reichsstadt ein eigenes Staatsexamen hat. Seine erste öffentliche Anstellung erhält er im gleichen Jahr im neuen Leichenhaus in Sachsen­hausen. Dieser Posten verpflichtet ihn, seine eigene Praxis in Sachsenhausen zu eröffnen.

 

Befreundete Ärzte hatten bereits im Sommer 1834 eine Armenklinik gegründet. Zu diesem Zweck wurde ein Haus gemietet, das dem Kastenhospital, der damaligen Frankfurter Irrenanstalt, gehörte. Darin richteten sie ein kleines Hospital mit einem Haushalt und einer Wärterin ein. Dort hielten sie zweimal wöchentlich unentgeltlich Sprechstunden. Die Kosten wurden durch mildtätige Spenden gedeckt. Außerdem war jedem der Beteiligten ein zu Frankfurt gehöriges Dorf zur Betreuung zugewiesen. Ein medizinisches Kränzchen wird gegründet, das neben ernsthafter Fachdiskussion auch viel gemeinsame Vergnügungen und Landpartien veranstaltet. Hoffmann tritt auch der Freimaurerloge ’Zur Einigkeit’ bei, die er aber einige Jahre später wegen antisemitischer Einstellung einiger Mitglieder wieder verläßt.

1837

lernt er auf der Hochzeit seines späteren Schwagers Therese Donner kennen. Er setzt sich dieses Mädchen als spätere Frau in den Kopf und "...diese Idee steigerte sich zur vollen tyrannischen Leidenschaft, ..."

1838

findet in Frankfurt am 29. und 30. Juli das erste deutsche Sängerfest  statt und Hoffmann ist an den Vorbereitungen beteiligt.

1840

am 5. März heiratet er Therese Donner. Im Herbst gründet er — wie schon öfter zu­vor - einen Verein, diesmal Die Gesellschaft der Tutti Frutti". In diesem Verein kom­men Literatur- und Kunstfreunde jeden Standes regelmäßig zu­sammen. Die Terminologie des Vereins ist der indischen Mythologie entlehnt; so heißt der Vorstand Brahma, Wischnu ist der Schriftführer und die Protokolle müssen in die heiligen Veden eingetragen werden. Die Versammlungen selbst werden "Bäder im Ganges" genannt. Alle Mitglieder müssen sich einen Gemüse- oder Früchtenamen beilegen, Hoffmann ist die Zwiebel.

1841

Am 8. Mai wird der Sohn Carl geboren, für den er 1844 den ’Struwwelpeter’ schreibt. Während Hoffmann in Frankfurt mit der Familie den Geburtstag des fernen Sohnes feiert (1868), stirbt Carl 27jährig in Peru am Gelbfieber. Erst vier Wochen später erreicht die Familie die traurige Nachricht.

1842

Hoffmann ist schriftstellerisch tätig und veröffentlicht Gedichte, die ein mäßiger Erfolg sind. Er läßt sich nicht entmutigen, und als er Hegels Naturphilosophie gelesen hat, "...standen mir förmlich die Haare zu Berg; ich wollte dem Unsinn in aristophanischer Schärfe zu Leibe gehen und schrieb : ’Die Mondzügler.’

1843

Veröffentlichung der Komödie Die Mondzügler. Eine Komödie der Gegenwart, die ein finanzieller Mißerfolg bleibt und dem Autor 80 Gulden Schulden einbringt.

1844

erhält Heinrich Hoffmann eine Stelle als Lehrer der Anatomie am Dr. Senckenbergischen Institut. Dort werden Vorlesungen gehalten für an Naturforschung interessierte Bürger, Chirurgengehilfen und Primaner, die sich auf ein Medizinstudium vorbereiten. Frankfurt hatte damals noch keine eigene Universität (erst 1912 wurde diese gegründet).

 

Am 11. Dezember wird die  Tochter Antonie Caroline geboren. Als Weihnachtsgeschenk für den dreijährigen Sohn Carl entsteht das Bilderbuch ’Lustige Geschichten und drollige Bilder’.

 

Heinrich Hoffmann suchte für Weihnachten für seinen dreijährigen Sohn ein Bilderbuch als Geschenk, aber alles was in den Buchläden angeboten wurde, sagte ihm nicht zu. So kam er schließlich mit einem leeren Schreibheft zu seiner Frau nach Hause und legte es ihr vor mit der Bemerkung, daß er da nun selbst ein Bilderbuch machen wolle für seinen Sohn. Er konnte bei diesem Vorhaben aber auf einen vorhandenen Fundus von Zeichnungen zurückgreifen. Immer schon wurden Rauchfangkehrer, Arzt und Wachebeamten als Schreckgespenst für kleine Kinder verwendet, besonders was den "Doktor" anbelangt, konnte Hoffmann aus eigener Erfahrung ein Lied singen. Da hatte er nun eine eigene Methode entwickelt, um mit verängstigten, brüllenden oder widerspenstigen kleinen Patienten fertig zu werden."...Da nahm ich rasch das Notizbuch aus der Tasche, ein Blatt wird herausgerissen, ein kleiner Bube mit dem Bleistift schnell hingezeichnet und nun erzählt, wie sich der Schlingel nicht die Haare, nicht die Nägel schneiden läßt; die Haare wachsen, die Nägel werden länger, aber immer läßt er sich dieselben nicht schneiden, und immer länger zeichne ich Haare und Nägel, bis zuletzt von der ganzen Figur nichts mehr zu sehen ist als Haarsträhne und Nägelklauen. Das frappiert den kleinen Desperaten derart, daß er schweigt, hinschaut, und mittlerweile weiß ich, wie es mit dem Pulse steht,...ob der Leib oder die Atmung schmerzhaft ist - und der Zweck ist erreicht. Als mein Buch nun fertigf war bis auf das letzte Blatt, da war aber auch mein Bilderschatz zu Ende. Was sollte nun auf dies letzte Blatt? Ei nun, da setzen wir den Struwwelpeter hin! So geschah es,..." Daher war in den ersten Auflagen das Blatt mit dem Struwwelpeter an letzter Stelle, erst die Kinder forderten einfach "den Struwwelpeter", und so kam er ab der 5. Auflage auf die erste Seite. Die ursprünglich sechs Geschichten mit Vorspruch wurden auf zwei Etappen erweitert auf die heute bekannten zehn.

 

Bei der Taufe der Tochter nach Weihnachten wurde das Buch bewundert und Hoffmann gedrängt, es drucken zu lassen. Aber erst bei einem der "Bäder im Ganges" am 18. Jänner 1845 konnte Hoffmann überredet werden, einer Veröffentlichung zuzustimmen. Er übergab das Buch einem Mitglied der Tutti Frutti, dem Verleger Löwenthal mit der Bemerkung: "...Meinetwegen! Geben Sie mir 80 Gulden und versuchen Sie ihr Glück!" Genau 80 Gulden war Hoffmann aber noch schuldig für die "Mondzügler".

1845

erscheint vor Weihnachten unter dem Pseudonym Reimerich Kinderlieb die erste gedruckte Ausgabe von Lustige Geschichten und drollige Bilder in 1500 Exemplaren, die innerhalb von vier Wochen verkauft werden. "...Und der Struwwelpeter betrat die Bühne der jugendlichen Welt ...der Schlingel hat sich die Welt erobert, ganz friedlich, ohne Blutvergießen, und die bösen Buben sind weiter auf der Erde herumgekommen als ich . . ."

1848

Am 21. Jänner wird der Sohn Eduard geboren. An der deutschen Revolution ist Hoffmann als Mitglied des Vorparlaments beteiligt. Diese Versammlung bereitet im März d. J. die erste deutsche Nationalversammlung vor. Als Reaktion quasi auf die Aufsplitterung der demokratischen Bewegung und als Kritik an den linken Republikanern schreibt er selbst die erste von vielen nachfolgenden politischen Interpretationen seines Struwwelpeter, das Handbüchlein für Wühler oder kurzgefaßte Anleitung in wenigen Tagen ein Volksmann zu werden, unter dem Pseudonym Peter Struwwel

1849

Als er hört, daß sein Handbüchlein in Sachsen von der reaktionären Partei mit Anerkennung gelesen werde,schrieb er als Gegengift den ’Heulerspiegel’ Darin karikiert Hoffmann die Ängste des Bürgertums vor der Revolution.

1851

erhält Hoffmann die Stelle des Arztes an der Anstalt für Irre und Epileptische in Frankfurt. Die Zustände in dieser Anstalt schockieren Hoffmann derart, daß er den Plan faßt, einen Neubau ins Leben zu rufen. Durch eine Aufklärungskampagne und eine beispiellose Sammlung , die er systematisch unter den Frankfurter Bürgern durchführt, bringt er es zu einem Anfangskapital von 46.000 Gulden. Den entscheidenden Betrag erhält er aber durch eine testamentarische Verfügung des Freiherrn von Wiesenhütten in der Höhe von 100.000 Gulden. Neben all den Vorbereitungsarbeiten und Studienreisen für den Neubau, die ihn auch nach Österreich führen, schreibt er sein zweites Kinderbuch König Nußknacker und der arme Reinhold.

1854

folgt als drittes Kinderbuch Bastian der Faulpelz, das vor Schuleschwänzen und Eulenspiegeleien warnen will.

1856

Das Projekt der neuen ’Irrenanstalt’ ist mittlerweile weit fortgeschritten und ein vorläufiges Jahresgehalt erlauben es ihm, seine Privatpraxis ganz aufzugeben. Er unternimmt weitere Studienreisen zusammen mit seinem Architekten Oskar Pichler.

1858

erscheint sein Kinderbuch Im Himmel und auf der Erde. Herzliches und schmerzliches aus der Kinderwelt.

 

Beim zweiten, endgültigen Manuskript des ’Struwwelpeter’ verwendet Heinrich Hoffmann auch Neuzeichnungen einer russischen Ausgabe (’Stepka Rastrepka’) als Vorlage.

1859

beweist er seine fachliche Kompetenz als "Irrenarzt" durch die Schrift Beobachtungen und Erfahrungen über Seelenstörungen und Epilepsie. Der Bau der Klinik kann endlich beginnen

1860

erscheint die satirische Schrift Der Badeort Salzloch, in dem er die Unsinnigkeiten des Badewesens karikiert

1864

ist die Anstalt fertiggestellt.Vor der feierlichen Eröffnung gibt es "Tage der offenen Türe", eine Novität für die damalige Zeit. Hoffmann lebt mit seiner Familie und seinen Kranken unter einem Dach. Eine seiner Maximen für die therapeutische Art war "... Es muß vor allem so sein, daß der Eintritt des Arztes in eine Abteilung etwas vom Sonnenaufgang an sich habe. . .

1871

erscheint sein letztes Kinderbuch Prinz Grünewald und Perlenfein mit ihrem lieben Eselein. Es klingt wie eine politische Parabel, wenn darin ein hochmütiger Königssohn mit Hilfe eines Zauberesels verbannt wird. Erst nachdem er seine Verfehlungen bereut hat, kehrt er gläutert an den Hof zurück.

 

1888

Hoffmann ist 79 Jahre und sucht um Pensionierung nach, die ihm bei vollem Gehalt bewilligt wird.

1891

beschließt er die 1889 begonnene Niederschrift seiner Lebenserinnerungen mit den Worten:". . . Ich war und bleibe Optimist. Von Schopenhauer will ich nichts wissen. Die Menschen sind besser, als viele meinen; man muß nur gegen sich selbst streng und wahrhaft und gegen andere nachsichtig und wohlwollend bleiben, von sich selbst viel, von anderen wenig verlangen."

 

Erst 1926 werden diese Lebenserinnerungen von seinem Enkel Eduard Hessenberg herausgegeben. Ebenfalls aus dem Nachlaß erscheint 1924 das Kinderbuch Besuch bei Frau Sonne.

1894

Am 20. September stirbt Heinrich Hoffmann in seiner Heimatstadt Frankfurt am Main.

Ein paar kurze Bemerkungen zu den historischen Hintergründen seiner Struwwelpetergeschichten seien noch hinzugefügt.

Frankfurt zur Zeit Hoffmanns hatte wie viele andere Städte zu dieser Zeit keine Kanalisation und Müllabfuhr. Der Unrat wurde vielfach - vor allem in den ärmeren Stadtteilen - einfach auf die Straße geworfen. Eine gewisse grundlegende Hygiene war daher geboten. Daumenlutschen war einfach unter bestimmten Voraussetzungen lebensgefährlich, hatte Hoffmann doch selbst Typhus- und Choleraepidemien erlebt. Und wie schnell man Läuse bekam, vor allem bei langen Haaren, hatte er selbst als Kind erfahren.

Der Anfang des 19. Jahrhunderts brachte eine immense Erleichterung für die Hausfrauen. Das Feuerzeug wurde erfunden. War es bisher notwendig, die Glut über Nacht sorgsam im Ofen zu bewahren, wenn man nicht mühsam mit Feuerstein und Zündschwamm täglich von neuem Feuer machen wollte, so ermöglichte das "Feuerzeug" (darunter sind unsere Zündhölzer zu verstehen und nicht das Feuerzeug im heutigen Sinn.) nunmehr ein schnelles Entfachen. Diese technische Neuerung war anfangs noch nicht sehr ausgereift und verlangte äußerste Sorgfalt. Durch Unachtsamkeit und unsachgemäße Handhabung kam es zu zahlreichen Brandunfällen, die Hoffmann bei seiner täglichen Praxis behandeln mußte. Brandwunden als Todesursache lagen damals an 5. Stelle. Lebhaft in aller Erinnerung war auch noch der große Brand von Hamburg vom 5. - 8. Mai 1842, bei dem über 4000 Gebäude zerstört worden waren. Auch Frankfurt beteiligte sich durch namhafte Spenden – die übrigens aus aller Welt eintrafen – am Wiederaufbau der Stadt. Mit großer Wahrscheinlichkeit war unvorsichtiges Hantieren mit Zündhölzern die Ursache dieser Feuersbrunst. Auch beim Suppenkaspar läßt sich ein historisch praktischer Bezug finden. Als Armenarzt "verordnete" er sicher die sog. Armensuppe, die eine wohlhabende Gemeinde wie Frankfurt sicher gewährte. Vielleicht wollte er einfach einem kranken Kind die Notwendigkeit des Essens nach langer Krankheit klar machen. Ein bulimisches Kind sehe ich jedenfalls nicht im Suppenkaspar.

Aus den anderen Geschichten erkenne ich die Kinder- und Tierliebe Hoffmanns unter Berücksichtigung der damaligen Erziehungsmaximen. Hoffmann hat bis in sein hohes Alter nie vergessen, daß er Kind gewesen ist und seine Liebe zu Menschen war es auch, die ihn veranlaßte, mit "seinen Kranken" unter einem Dach zu leben, damit er ihnen möglichst nahe sein konnte.

3     Einführung

von Prof. Mag. Kurt Allabauer

3.1.1      

DER STRUWWELPETER

 

Bestseller unter den deutschsprachigen Kinderbüchern, feiert ein Jubiläum - Oder: 150 Jahre, und kein bißchen weise?

 

 

"Wenn die Kinder artig sind,
kommt zu ihnen das Christkind.
Wenn sie ihre Suppe essen
Und das Brod auch nicht vergessen,
Wenn sie ohne Lärm zu machen
Still sind bei den Siebensachen,
Beim Spaziergehn auf den Gassen
Von Mama sich führen lasse, ..."

 

Wer kennt sie nicht, die Forderungen, die der Arzt Dr. Hoffmann vor 150 Jahren auf dem Buchrücken des "Struwwelpeter" aufstellt? Er landete mit mehr als 500 Auflagen einen beispiellosen Erfolg eines Buches, das in der Kindheit vieler Generationen einen bleibenden Eindruck hinterließ.

Der Grund für diese alle Kritik überdauernde Beliebtheit ist schwer zu nennen. Sind es die simplen Verse, die originellen Bilder oder ist es, wie bei Märchen, die Möglichkeit, eigene Spannungen, Erfahrungen und Wünsche in diese Geschichten hineinzutragen? Ist es gar die Rache, mit der Kinder ihre Eltern in die schauerlichsten Strafen mit einbeziehen: Für ihr "Zetern und Mahnen" haben sie zerschlagenes Porzellan, nasse Kleider, ein Aschenhäufchen, einen roten Punkt am Himmel, den Schirm, mit dem das Kind unwiederbringlich verweht wird und schließlich ein Friedhofskreuz für den Suppen-Kaspar (vgl. FLITNER 1985, S. 9).

Die vermittelten Erziehungsinhalte, konkrete Hilfen für oft verzweifelt erziehende Eltern, können nicht den Erfolg des Buches ausmachen: Auf der Suche nach einem positiv formulierten Erziehungsziel sieht man sich bloß auf die oben zitierten Verse verwiesen, in denen ein Modellverhalten "braver Kinder" angegeben wird, das sich von dem der im Struwwelpeter dargestellten Figuren auf konträre Weise abhebt. "Artig sein, brav essen, keinen Lärm machen, sich von Mama führen lassen" sind keine gezielten, genau umrissenen Verhaltensanweisungen und Sozialisationsinhalte, wie sie die Aufklärungspädagogen - man denke nur an CAMPES "Sittenbüchlein für Kinder aus gesitteten Ständen", das uns systematisch über Pflichten gegen uns selbst, gegen andere, gegen die Armen und die Tiere aufklärt - geliefert haben, sondern die Forderung nach abstraktem Wohlverhalten, nach Kindern, die nicht stören. Die Auswahl der "Unarten" scheint beliebig und willkürlich; so fehlt ein Kind, das lügt, eines, das stiehlt, eines, das faul ist ....

Leerformeln ("sei hübsch ordentlich und fromm") verlangen immer wieder passives Hinnehmen der von den Erziehern bestimmten Verhältnisse. "Folgen", "sich führen lassen" bedeutet, seine Bewegungen nicht nach seinen eigenen Impulsen, sondern nach den Befehlen der Erwachsenen zu koordinieren. Der Motorik - Gesamtheit aller Körperbewegungen - kommt damit für die Feststellung aller einzelnen kindlichen Trieb- und Affektäußerungen primäre Bedeutung zu; ohne Ausnahme sind alle Figuren während ihrer "Untat" motorisch aktiv und die jeweilige Strafe bringt sie zu Fall oder macht sie bewegungsunfähig. Die Hemmung der Gesamtmotorik ist also Hoffmanns vordringlichstes Erziehungsziel (vgl. Könneker 1977, S. 143).

Die simple Lehre dieses Buches, das sich mit seiner rigorosen Einschüchterung aller Unart an die Erwachsenen, Eltern wendet, lautet: allen Widerstand rechtzeitig - wenn möglich schon im Kindergartenalter - zu brechen.

Da ist zunächst der Widerstand des Peter Struwwel gegen Körperpflege, der dem Leser zwar nur kurz - aber seine Wirkung nicht im geringsten verfehlend - auf dem Einband des Buches näher gebracht wird. Der Peter erweist sich bei genauerer Betrachtung jedoch nicht als "Finsterling und verkommenes Subjekt", sondern als ansehnlicher Junge in selbstbewußter Gebärde, der trotzig auf einem Sockel steht und seinen Haar- und Nägelschmuck vorweist: Jugendprotest in Person". (FLITNER 1985, S. 10)

Der böse Friederich steht stellvertretend für das aggressive Kind, das Tiere quält, Stühle totschlägt, Frauen prügelt. Aggressiv wird mit böse gleichgesetzt - die abqualifizierende Verurteilung steht schon im Titel fest, das (Vor-)Urteil wird in Text und Bild lediglich konkretisiert und veranschaulicht.

Paulinchen, die einzige weibliche "Hauptdarstellerin", steht für den kindlichen Ungehorsam, das leichtsinnige Spiel mit Gefahr. Die Puppe - die ihr helfen soll, sich auf die späteren Mutterpflichten vorzubereiten - wird leichtsinnig fortgeworfen, ein Streichholz wird nach dem Beispiel der abwesenden Mutter entzündet. Sie zündelt jedoch nicht, um ein Herdfeuer anzumachen, sondern aus Freude am Flackern und Knistern vgl. Könneker 1977, S. 106). Unschwer läßt sich das "brennende Geheimnis" der erwachenden Sexualität in diesem Knistern erkennen. Der Fehler jedoch, den Gebrauchsgegenstand Feuerzeug zweckentfremdet als Spielzeug zu verwenden - analog dazu, sexueller Betätigung, die im 19. Jahrhundert nur der Fortpflanzung dienen durfte, im kindlichen Spiel, bloß zum reinen Vergnügen nachzugehen - wird mit dem grausamen "Tod durch Verbrennung" bestraft.

In der Geschichte von den schwarzen Buben werden offensichtlich pädagogische mit politischen Motiven vermischt. Der Passus "vor dem Tor" deutet an, daß die Geschichte jenseits des gewöhnlichen Erfahrungsbereichs spielt. Schwarz sein ist nicht schön - sind die bestraften Buben doch nicht mehr weiß, wie es sich gehört! Diese unmißverständliche Feststellung zeigt deutlich, daß das Toleranzpostulat der Aufklärung (anscheinend auch bei Hoffmann) noch nicht gegriffen hat. Die Faszination verdankt diese Geschichte vermutlich nicht der simplen Lehre: niemanden auszulachen; sie scheint im übertriebenen Kontrast der "großen" Autorität des Nikolas zu den "kleinen" Buben, der monströsen Überlegenheit der Erwachsenen und der Ohnmacht der Kinder zu liegen (vgl. Ebd. S. 122 ff).

Die bekannten Worte "Konrad! Sprach die Frau Mama, ..." leiten die Geschichte vom Daumenlutscher ein. Die Beweggründe für die Verhaltensmaßregeln, welche die ausgehende Dame ihrem Sohn drohend gibt, sind offensichtlich nicht das Wohl ihres Kindes. Ordentlich und fromm zu sein, nicht mehr am Daumen zu lutschen (um sich über die Abwesenheit der Mutter hinwegzutrösten), scheint für Konrad schier unmöglich zu sein. Kläglich und schon im voraus schuldbewußt steht das Kind einer unverständigen, für seine Wünsche und Bedürfnisse fühllosen Mutter gegenüber und wird schließlich für seine Schwäche verstümmelt.

Der Suppen-Kaspar wird zunächst als Musterknabe vorgestellt. Er hat immer "hübsch" die Suppe gegessen und ist daher "kerngesund" und "kugelrund"(?). Der Countdown seiner Lebenstage, der geschickt durch Wechsel von Wiederholung und Variation die Konzentration des Lesers auf die bedrohliche Veränderung des Knaben lenkt, beginnt erst, als dieser die (all)tägliche Suppe verweigert. Vermutlich will er etwas anderes, besseres haben. Sein Widerstand richtet sich gegen den Alltagstrott, den er passiv von seinen Eltern übernehmen soll; seine natürliche Neugier und Experimentierlust, der Versuch, einen anderen Weg zu gehen, haben in der geordneten Welt seiner Eltern keinen Platz.

Der Zappel-Philipp könnte im heutigen Sprachgebrauch als hyperaktives Kind bezeichnet werden. Symptome einer psychogenen Hyperaktivität ließen sich finden, denn psychische bzw. psychosoziale Faktoren spielen eine bedeutende Rolle. Störungen in der Beziehung (Interaktion) zwischen dem Kind und dessen wichtigsten Bezugspersonen - hier der Vater - können einen Grund darstellen, die Konzentrationsfähigkeit des Kindes herabzusetzen und es unruhig und hyperaktiv werden zu lassen (vgl. KASCHITZ 1993, S. 102).

Wie die Essensverweigerung, die Neugier oder die Aggressivität sieht man seine nervöse Unruhe heute nicht mehr als Ungehorsam, Widerstand des Kindes an, die man mit Mahnungen, Drohungen und Strafen brechen könnte, sondern als seelische Spannung und als Ausdruck unerfüllter Bedürfnisse, die ernstgenommen und abgebaut werden müssen.

Hoffmanns Philipp hingegen leistet offenen Widerstand gegen die Autorität des Vaters, weil er die Mittagsmahlzeit - als pars pro toto der bürgerlichen Ordnung dieser Zeit - stört; er muß daher mit dem Zorn (und einer gebührenden Strafe) des Vaters rechnen.

Hanns Guck-in-die-Luft steht für den Konflikt zwischen Pflichterfüllung innerhalb einer (kapitalistischen) Ordnung und dem Ausweichen derer, die den gesellschaftlich genormten Anforderungen nicht gewachsen sind (vgl. KÖNNEKER 1977, S. 129). Ihm droht die dreifache Strafe: er ist durchnäßt, wird ausgelacht und er verliert die Schulmappe (was in der damaligen Zeit sicher eine böse Strafe nach sich zog). In der heutigen Gesellschaft werden Aussteiger oft als Lebenskünstler angesehen, ernstzunehmende Didaktiker fordern Lehrer auf, mit den Schülern Phantasiereisen zu unternehmen, um diesen Entspannung und Streßabbau zu bringen. Diese Reisen zum Ort der Kraft, der Lebendigkeit und Zufriedenheit sollen einerseits das Selbstvertrauen stärken, andererseits - wie die berühmten Reisen durch den Körper oder durchs Universum - in das Unterrichtsthema hineinführen (vgl. TEML 1992, S. 80).

Vielleicht macht gerade die Tatsache, daß Generationen von Eltern - trotz willkürlicher und unvollständiger Auswahl der Themen - in den Szenen mit unwahrscheinlichem Ausgang eine Reihe von wahrscheinlichen, typischen Erziehungskonflikten wiederfanden (und noch immer wiederfinden) den Erfolg des Buches aus. Mit Erziehung hat dieses Buch jedenfalls nichts zu tun - keinesfalls dann, wenn man schon wie J. F. Herbart, also im frühen 19. Jahrhundert, differenzierter als mancher "Erzieher" denkt und Maßnahmen der "Regierung" der Kinder ("Wachsamkeit und Strenge" ist durch "massenweises Auftreten" geboten) von der "eigentlichen" Erziehung ("feinere Führung", welche auf den sittlichen Kern des Subjekts, auf Motivation und Wille wirkt) unterscheidet.

Für die heutige Zeit möchte ich abschließend einige Konsequenzen daraus ziehen: in dieser eigentlichen Erziehung muß es gerade in einer pluralistischen Gesellschaft um Haltung des denkenden Subjekts gehen. Die Absicht des Erziehens kann sich daher nicht auf das in Erscheinung tretende Verhalten beschränken, sondern auf die dem Verhalten zugrunde liegende Haltung. Unter diesem Aspekt ist die geforderte Erziehung, die schon von J. H. PESTALOZZI als "Hilfe zur Selbsthilfe" und heute von Marian HEITGER als "Hilfe zur Selbstbestimmung" verstanden wird , neu zu interpretieren: Erziehung ist dann keinesfalls eine determinierende Beeinflussung, sie ist auch keine Verhaltenssteuerung; sie ist, wie A. FLITNER (1985, S. 82) es nennt, gewiß eine "Behütung" des Kindes, das erstens eine psychische Geborgenheit, zweitens Räume der Erkundung, der Betätigung, der Welterfahrung und drittens eine sorgsame Auswahl der geistigen Umwelt braucht; vor allem aber ist Erziehung eine Führung zu selbständigem Werten und Urteilen in einer Welt, die keine für alle verbindliche Ordnung darstellt; sie hat dem jungen Menschen zu helfen, verantwortlich entscheiden zu lernen, sich in der Gegenwart als Persönlichkeit zu bewähren, nicht in Anpassung und Opportunismus zu verfallen, aber auch nicht in pubertärer Opposition zu verharren (vgl. HEITGER 1989).

Durch Mahnungen, Drohungen oder Forderungen, die im Struwwelpeter als einzig mögliche "Erziehungsmaßnahme" allgegenwärtig sind, werden die Kinder kaum lernen, frei zu entscheiden und zu werten, sie werden aber auch nicht lernen, ihr Werten zu verantworten.

Literatur:
FLITNER, A.: Konrad sprach die Frau Mama. München 1985
HEITGER, M.: Der Erziehungsauftrag der öffentlichen Schule. Vortrag an der LA Krems 1989
HERBART, J. F.: Pädagogische Schriften (Hg. V. ASMUS, W.) Düsseldorf 1965, S. 150.
KASCHNITZ, W.: Konzentrations- und Hyperaktivitätsstörungen. In: Brennpunkt Schule (Hg. v. GANGL, H. u. a. ). Wien 1993
KÖNNEKER, M.-L._ Dr. Heinrich Hoffmanns "Struwwelpeter". Stuttgart 1977
TEML, H.: Erlebnis-Dimensionen im Unterricht. In: Kreativ unterrichten (Hg. v. Thannhoffer u. a. ). Münster 1992

 

 

3.2     Der "Struwwelpeter" und die pädagogische Gegenwart

von Marianne Harzhauser

3.2.1     Aktualität I: Attraktivität als Bilderbuch für die Kinder von heute

"Nach wie vor bedeutet der ’Struwwelpeter’ für die meisten Kinder deutschsprachiger Länder eine der ersten Bekanntschaften mit dem Medium Buch." Seit Helmut Müller im Jahr 1969 diese Feststellung getroffen hat, sind 25 Jahre vergangen, ein Vierteljahrhundert, in dem sich, möchte man meinen, einiges geändert hat. Und doch dürfte Müllers Erkenntnis nach wie vor Gültigkeit haben. In den meisten Haushalten findet man ein Exemplar des "Struwwelpeter", und fast jede Buchhandlung führt immer wieder neue Auflagen dieses Bilderbuchs, obwohl die Bilderbuchproduktion nach 1945 den kindlichen Rezipienten eine Fülle von Büchern beschert hat, Bücher, die man heute schon zu den Klassikern zählen müßte. Dazu zählen Vera Ferra-Mikuras "Stanisläuse" ebenso wie Otfried Preußlers "Dumme Augustine" oder Roger Duvoisins "Glücklicher Löwe", um nur drei ganz bekannte Beispiele zu nennen. Woher rührt aber die offensichtliche Beliebtheit des "Struwwelpeter"-Bilderbuchs, das eine erzieherische Einstellung präsentiert, die so ganz und gar konträr zu unseren heutigen Grundsätzen steht?

Zum einen fasziniert dieses Buch durch seinen Anachronismus, denn die historischen Kostüme und die antiquierte Sprache stellen dieses Buch auf eine Stufe mit den "Kinder- und Haus­märchen" der Brüder Grimm. Für Kinder, die dieses Bilderbuch betrachten, sind die Geschich­ten des Bilderbuchs ähnlich unwirklich und phantastisch wie Märchen.

Zum anderen ist es Hoffmann gelungen, seine Geschichten in eine kindgerechte Form zu verpacken. Die einsträngige Handlung, das Fehlen komplizierter Kausalzusammenhänge, die Verwendung einfacher "Wenn-dann.…"-Schemata trägt viel zum leichten Verständnis bei 3 bis 6jährigen Kindern bei. Hoffmanns Geschichten sind den Denkstrukturen der kleinen Rezipienten angepaßt. Daß auf die böse Tat sogleich die Strafe folgt, kommt ihrem sehr einfach aufgebauten Weltverständnis sehr entgegen. Ob allerdings trotz dieser nicht zu leugnenden Faszination die Lektüre der Geschichten auch vom pädagogischen Standpunkt aus vertretbar ist, ist eine andere Frage.

3.2.2     Aktualität II: Ist die kindliche Lektüre pädagogisch vertretbar?

Hoffmanns "Struwwelpeter" hat "[...] das Odium, Teil der ’schwarzen Pädagogik’ zu sein, nicht abwerfen können. Ideologiekritiker und Psychologen weisen auf die rückwärtsgewandten Erziehungspraktiken im ’Struwwelpeter’ hin." Pädagogische Kritik am "Struwwelpeter" gibt es en masse, einmal in schärferer Form, wie in den 60er und 70er Jahren unseres Jahrhunderts, dann wieder in verständnisvoller, auf die übrigen Schriften Hoffmanns Rücksicht nehmender Weise. Angesicht der erzieherischen Bedenken gegenüber den Massenmedien wirkt die hier angesprochene Diskussion vergleichsweise harmlos oder vielleicht sogar unwichtig. Eine verantwortungsvolle Erziehung muß sich allerdings auch um Dinge wie eine altersgemäße Lektüre kümmern. Bettina Hürlimann bemerkt zu Recht, "[...] daß es so viele labile, psychisch belastete Kinder gibt [...]", ein Faktor, der nicht zu unterschätzen ist. Der Erzieher hat auch in diesem Bereich immer wieder die Frage nach der Belastbarkeit des einzelnen Kindes zu stellen.

Doch nicht nur die psychische Konstitution des Kindes ist ein Einflußfaktor, der sich auf den Entscheidungsprozeß auswirkt. Jeder Erwachsene, der auf diesem Gebiet tätig ist, sollte sich fragen, warum er gerade dieses eine Buch ausgewählt hat. Wäre man wirklich ehrlich, so müßte man zugeben, daß Erinnerungen an eigene Kinderbücher tatsächlich eine oft viel gewichtigere Rolle spielen als das Kind selbst, für das man verantwortlich ist:

"Wer heute noch ein Bilderbuch wie den ’Struwwelpeter’ kauft, tut dies, weil er ihn noch von seiner eigenen Kindheit her kennt und sich keine Gedanken über die inhaltlichen Aussagen und die möglichen Wirkungen auf Kinder macht.

Oder er vertritt heute noch eine Erziehungshaltung, die für die Bedürfnisse der Kinder kein Verständnis zeigt, sondern mit Strafe und Gewalt die Anpassung an bestehende Werte und Gebote erzwingen will.

Wenn man sich aber zu einer zeitgemäßen Erziehungsform bekennt, muß man den ’Struwwelpeter’ ablehnen. Er kann heute nur mehr als historisches Kinderbuch gesehen werden, das zwar zu seiner Zeit engagiert geschrieben wurde, für uns jedoch nur mehr eine interessante Diskussionsgrundlage für Erziehungsfragen darstellen kann."

In der Realität wird wohl nicht jeder Erzieher so gedankenlos handeln, doch ist die Tatsache nicht zu leugnen, daß Bücher einfach deshalb weitergegeben werden, weil die Erinnerung an die eigene Rezeption unbewußten Einfluß auf die Auswahl ausübt. Im Sinne des Kindes wäre es seitens der Erzieher angebracht, diese so oft und gern praktizierte Gedankenlosigkeit zu beenden.

3.2.3     Aktualität III: Kritische Betrachtung

So viele Argumente es für den "Struwwelpeter" gibt, so viele Argumente existieren gegen ihn. Jedes Jahrzehnt hat eine andere bevorzugte Richtung, doch all diese Diskussionen tun dem Kauf des Buches, seiner Verwendung, keinen Abbruch. Es ist aus den Bücherschränken der Kinder nicht wegzudenken. Je heftiger es im einen Jahrzehnt angegriffen wird, um so heftiger wird es im nächsten verteidigt. Wie man es als Erzieher letztendlich damit halten soll, ist seit 150 (!) Jahren umstritten. Und während die Pädagogen noch streiten, hat sich das Buch einen Platz im Bewußtsein der Leser erobert, der in etwa mit dem der Schriften von Marx, Freud und Nietzsche vergleichbar ist.

Der Erzieher ist hin- und hergerissen zwischen den Ansprüchen einer repressionsfreien Erziehung, die Hoffmanns Buch klarerweise ablehnen muß, und, sofern er engagierter Leser ist, dem Bewußtsein, daß es sich beim "Struwwelpeter" um einen Klassiker der Kinderliteratur handelt. Hier einen Kompromiß zu finden, ist schwierig genug, und die Versuchung, nur einem der beiden Ansprüche nachzugeben, ist groß. Karl Ernst Maier hat eine salomonische Lösung versucht. Sie könnte auch für diejenigen Eltern eine Hilfe darstellen, die Erzieher und Germanisten in Personalunion sind ( und daher recht gut wissen, daß jemand, der den "Struwwelpeter" nicht kennt, tatsächlich mit einer Art Bildungslücke aufwächst):

"In einer Pädagogik, die in der Synthese zwischen Freiheit und Führung, Eigen- und Fremdbestimmung, natürlicher Selbstregulierung und normativer Begrenzung, individueller Bedürfnisbefriedigung und Kulturleistung ihre vorwiegende Aufgabe sieht, kann der ’Struwwelpeter’keine zentrale Position mehr einnehmen, aber doch eine spezifische Funktion in einer ausgewogenen Gesamterziehung erfüllen."

3.2.4     Zusammenfassung

Jean-Jacques Rousseaus "Emile" und Johann Baptist Strobls "Unglücksgeschichten" sind zwei Meilen  steine auf dem Weg der Entwicklung, die zu Heinrich Hoffmanns "Struwwelpeter" führen. Dieses Bilderbuch, das 1995 seinen 150 "Geburtstag" feiert, stellt gleichsam den Endpunkt jener pädagogischen Entwicklung dar, die in der Aufklärung begonnen hat. In dieser Zeit tritt erstmals eine tiefgreifende Veränderung ein, das Kind wird nicht länger als kleiner Erwachsener gesehen, sondern erhält einen eigenen Status.

Bei näherer Betrachtung der Erziehungsziele, die im "Struwwelpeter" mittelbar dargestellt werden, hat sich der psychoanalytische Erklärungsansatz als sehr fruchtbar erwiesen. Damit soll keineswegs gesagt sein, daß es keine anderen Interpretationsansätze, beispielsweise einen soziologischen, geben kann. Die Psychoanalyse als Interpretationsbasis hat allerdings eine gewisse Priorität, denn Freud selbst bezeichnet den "Struwwelpeter" als aufschlußreich für das Verständnis der neurotischen Erkrankungsformen. Der "Struwwelpeter" ist aber auch für das Verständnis der Entwicklung der Psychoanalyse von Bedeutung, denn Hoffmann hat in seinem Bilderbuch sehr vieles von dem vorweggenommen und bildlich dargestellt, was Freud in seinen Werken beschreibt.

Nach annähernd 150 Jahren erfreut sich dieses Bilderbuch ungebrochener Popularität, die sich nur teilweise mit der Bequemlichkeit der Erzieher und Eltern in bezug auf die Auswahl erklären läßt. Trotz der nicht mehr zeitgemäßen pädagogischen Grundsätze übt das Buch nach wie vor eine Faszination auf Kinder aus, die beweist, daß Hoffmann ein tiefes Verständnis für die kindliche Perspektive, für die kindliche Weltsicht hatte. Dem Erzieher bleibt die schwierige Aufgabe, dem "Struwwelpeter" den Platz in der Erziehungsarbeit zuzuweisen, der ihm gebührt.

(Der Beitrag ist Teil einer Seminararbeit für das Proseminar "Probleme der interdisziplinären Zusammenarbeit in der KJL": Koinzidenzen zwischen literarischen Motiven und pädagogischer Motivation bei den Klassikern der Kinder- und Jugendliteratur <am Beispiel von Heinrich Hoffmanns "Struwwelpeter>.)

4     Exponate in der Kassenhalle der Volksbank BADEN

4.1     Vitrine 1

4.1.1     Der Aegyptische Struwwelpeter.

Wien: Carl Gerold's Sohn. 999. Aufl. [1895] [18 Bl.] Selbständige Bearbeitung des bekannten Kinderbuches bei gleichzeitiger Verlegung der Schauplätze nach Ägypten.

Ü

ber kaum eine andere Bearbeitung des Struwwelpeter weiß man so genau Bescheid, wie in diesem Fall. Zudem gibt es Parallelen in der Entstehungsgeschichte des Buches. Auch der Aegyptische Struwwelpeter war als Geschenk gedacht und nicht zur Veröffentlichung bestimmt. Die Geschwister Netolitzky wuchsen in beengten Verhältnissen auf, da der Vater, Dr. August Netolitzky, als österreichischer Beamter trotz anerkannter Tüchtigkeit langsamer vorrückte, als die Schar seiner Kinder - und somit die Kosten für deren Erziehung - wuchs. Als Militärarzt der österr.-ungar. Monarchie wurde er außerdem immer wieder versetzt, was kostspielige Übersiedlungen nötig machte. Als nun die beiden älteren Söhne Richard und Fritz ihr Medizinstudium in Wien begannen, hausten sie in einer ziemlich kargen Studentenbude, während die übrige Familie u. a. in Zwickau und Troppau in Schlesien lebte, wo der Vater als Kreisphysikus wirkte. Da war es ihnen mehr als willkommen, daß eine gute Bekannte der Eltern sich ihrer annahm. Sie half nicht nur materiell etwas nach durch gelegentliche Einladungen zu Mahlzeiten, sie ließ auch die jungen Leute an der Tanzstunde teilnehmen, die sie in den Jahren 1893 und 1894 in ihrem Haus veranstaltete. Frau Berta Gersuny war die Gattin eines angesehenen Wiener Arztes, der mit Vater August Netolitzky befreundet war. Um der liebenswürdigen "Tante Berta" ihre Dankbarkeit zu zeigen, wollten die Geschwister anläßlich ihres Geburtstages etwas schenken. Die Dame war wohlhabend ("... sie hat doch alles, es könnte höchstens ein Buch sein ..."),. hatte keine eigenen Kinder, liebte diese aber sehr. Das Geschenk durfte nicht viel kosten, sollte aber "...etwas ganz besonderes sein".

Gertrud Netolitzky, die jüngste Schwester erzählt: "... Ich war 8 Jahre, fieberhaft interessiert an jeder Phase ... Damals war gerade eine Modewelle von alten ’Ausgrabungen’, die viel primitiver und nicht sehr echt-alt waren, wir hatten solche Bände daheim ... Fritz hatte alle Ideen und den Schwung, Richard dichtete, Magda ging vielmals ins Hofmuseum (das heutige Kunsthistorische Museum) und durfte dort genaue Zeichnungen machen, darum ist alles so echt ... Auf dem riesigen Familienauszugstisch lagen große graue Bogen, es war wohl Packpapier, das noch recht ’alt’ gemacht wurde. Nach der (humoristisch-pseudo­wissen­schaft­lichen) Einleitung, die nicht mitgedruckt wurde (die Autoren hatten ja angeblich bei ihren Forschungen nach den Ursprüngen des Struwwelpeters die Quellen bis in die früheste Menschheitsgeschichte zurückverfolgt und zum Lohn ihrer Mühen nunmehr einen ägyptischen Papyrus gefunden), war er ja ausgegraben, moderig. Bei der Herstellung hat Fritz immer wieder mit Einfärben, Zerfleddern, Brandspuren, Hineinkritzeln von Männchen, eigenhändig, weil ich es nicht so kindlich zusammenbrachte, die Echtheit des Alters betont. Was wurde da gelacht."

Dr. Lotte Maresch, eine der Töchter von Fritz Netolitzky erzählt "… Der Struwwelpeter stand bei der kinderreichen Familie Netolitzky sicher immer im Bewußtsein der Geschwister, genauso wie Grimms Märchen oder Robinson Crusoe. Es bedurfte also nur eines zündenden Funkens, um aus dieser seelischen Unterschicht einerseits und andererseits aus dem Wunsch, einer ’verehrten mütterlichen Freundin’ ein originelles und kostenloses Geschenk zu machen, die Idee zum ’aegyptischen’ entspringen zu lassen. Dieser Funke schlug bei Fritz ein, als er in einer humoristischen Zeitschrift ... einen scherzhaften Auf­satz las, man habe in Mesopotamien in Keilschrift den Beweis entdeckt, daß irgendeine gängige Erzählung (Tante wußte nicht mehr welche) ... schon 3000 v. Chr. bekannt gewesen sei ... ’Das war damals so Mode, wegen der vielen Ausgrabungen’, sagte sie, fügte aber hinzu, der betreffende Aufsatz sei nicht sehr witzig gewesen, und Fritz habe gemeint, das könne er besser."

Frau Dr. Maresch erzählt noch weiter :" ... Was nun Magdalene betrifft, so wurde von ihr gesagt, sie habe sich ’durch diese Verulkung gewissermaßen am Struwwelpeter gerächt’. Auf sie hatten nämlich die Bilder des brennenden Paulinchens (die vielleicht noch nicht so abgeschwächt waren wie in der späteren Auflage meiner Kinderzeit) einen so entsetzlichen Eindruck gemacht, daß sie tränenüberströmt das Buch fortwarf und ausrief: ’Ich kann gar nicht begreifen, wie das Christkindchen ein so häßliches Buch bringen konnte!’"

 

Frau Gersuny war begeistert von dem Geschenk, sie legte die ’Papyri’ in ihrem Salon zur Erheiterung der Gäste aus. Dort bekam sie die Dichterin Marie von Ebner-Eschenbach zu Gesicht, die sich umgehend für eine Veröffentlichung des originellen Machwerks beim Verlag Karl Gerolds Sohn, Wien (ihr eigener Verleger) einsetzte. Leider wurde versäumt, den Schritt des ’Aegyptischen’ in die Öffentlichkeit rechtlich abzusichern. Der Verlag Rütten & Loening, im Besitz der Veröffentlichungsrechte am ’Original-Struwwelpeter’ interpretierte den ’Aegyptischen Struwwelpeter’ als Plagiat. Er erreichte die Einstellung des Verkaufs und das Einstampfen der zurückbeorderten Bücher, so daß nur ganz wenige Belegexemplare des scherzhaft als "999. Auflage" herausgegebenen Buches erhalten geblieben sind. Es sind  wenig Bücher an die Öffentlichkeit gelangt, lediglich Pflichtexemplare. Die meisten Exemplare wurden im Verwandten- und Freundeskreis verteilt, von denen nur wenige erhalten blieben. Auch das Original selbst existiert leider nicht mehr. Nach dem Tode von Frau Gersuny kam es an die Familie von Magda Kuzmany, geb. Netolitzky, zurück. Im April 1945 brannte nach einem Bombentreffer die Wohnung vollständig aus, und damit war auch der "Urstruwwelpeter" für die Nachwelt verloren. Das ist um so bedauerlicher, als das Original eine Geschichte mehr als die gedruckte Ausgabe enthalten hat, vermutlich zum Zappel-Philipp. Darin wurde die Rekrutenausbildung verulkt und schloß mit den Worten "Pereat das Militär!" Diese Episode galt 1895 aus begreiflichen Gründen nicht für druckwürdig. So feiert diese Nachdichtung heuer ihren 100. Geburtstag.

4.1.2     Kurzer Gynaekologischer Struwelpeter

Nach den neuesten Forschungen zusammengestellt von C. H. S. Mit neun in den Text gedruckten Illustrationen. Zum ersten Male veröffentlicht zum Leipziger Klinischen Vogelschießen am 29. Juli 1882. Heidelberg: Bangel & Schmitt 1883. 21 S.

em eigentlichen Titelblatt folgt auf der ersten Seite ein dem echten Struwwelpeter nachempfundener Titel mit einem dreistrophigen Vorspruch: Struwelpeter für artige Embryonen und solche die es werden wollen. Vom Verfasser des "verhängnißvollen Embryo." Der Vorspruch beginnt: "Wenn die Foeten artig sind,/ Werden sie ein reifes Kind;/ Nur in erster Schädellage / Treten sie alsdann zu Tage, /..."

D

Der aus Odessa stammende Frauenarzt Carl Heinrich Stratz verbrachte seine Studienzeit in Heidelberg. Er war ein Verehrer weiblicher Schönheit. Seiner Begeisterung konnte er als Frauenarzt ungehindert Ausdruck verleihen. Seine Titel ’Die Rassenschönheit des Weibes’ mit 226 Abbildungen und ’Die Schönheit des weiblichen Körpers’ mit 180 Abbildungen erlebten mehrere Auflagen. Was heute als ein Band Aktphotographie seine Leser fände, mußte sich damals als wissenschaftliches Werk tarnen. Stratz war aber nicht auf Frauen fixiert, er betrachtete auch die Akte bierbäuchiger Studenten (mit Feigenblättern) im ’Heidelberger Studenten-Struwelpeter’ oder nackte Kinderkörper (’Der Körper des Kindes’) und Körper von Neugeborenen (’Kurzer gynaekologischer Struwelpeter). Dabei stellt er auf medizinisch-derbe Art mögliche Gründe für Mißbildungen, Totgeburten oder Tod kurz nach der Geburt in Wort und Bild dar.

4.1.3     Melodien zu Dr. Heinrich Hoffmanns Struwwelpeter

Zusammengestellt von Andreas Hußla, Kais. Russischer Kapellmeister a. D. Frankfurt am Main: Verlag der Literarischen Anstalt, Rütten & Loening. 1. Aufl. 1876. 16 S.

A

m Umschlag spazieren im Gänsemarsch einher: Struwwelpeter, der Böse Friederich, Kon­rad, der Dau­men­lutscher, Zappel-Phi­lipp, Hanns-Guck-in-die-Luft, der Fliegende Ro­bert und der Suppen-Kas­par, d. i. "Die Struwwelpeterei" aus "König Nuß­knacker und der arme Rein­hold". Innen befin­den sich alle 10 Epi­soden des Buches mit Vor­spruch. Auf der letzten Seite ist der Text des "Jubiläumsblattes" zur 100. Auflage im Jahr 1876. Bekannten Opernmelodien und Studentenliedern wurden die Texte unterlegt und für Klavierbegleitung gesetzt. Der "Fliegende Robert" z. B. wird nach der Melodie des "Gaudeamus" gesungen.

4.1.4     Exklusive Sammlertassen

Lilien Porzellan aus Österreich. Feines Hartporzellan, verziert mit Motiven (Inglasur) aus zwei Kinderbüchern des Dr. Heinrich Hoffmann:

Tasse 1: Vorderseite: "Struwwelpeter"

            Rückseite: Sieh einmal, hier steht er,

                        Pfui! Der Struwwelpeter!

Tasse 2: Vorderseite: "Die Struwwelpeterei" aus "König Nußknacker und der arme Reinhold"

            Rückseite: "Die Tintenbuben" Kaspar, Ludwig und Wilhelm aus "Die Geschichte von                 den schwarzen Buben"

4.1.5     Der Struwwelpeter oder lustige Geschichten und drollige Bilder für Kinder von 3 – 6 Jahren.

Von Dr. Heinrich Hoffmann. 346. Auflage mit dem Jubiläumsblatt zur hundertsten Auflage. Frankfurt a. M.: Literarische Anstalt von Rütten & Löning. [Zwischen 1908 und 1917 erschienen.] Pappeinband, auf der Vorderseite Titel der einzelnen Geschichten auf Girlande, die sich um ein Rankengerüst schlingt.

D

as Buch enthält 25 einseitig bedruckte und kolorierte Blätter. Seit der 100. Auflage im Jahr 1876 wurde dem Buch ein "Jubiläumsblatt" beigegeben und als Blatt 1b nach dem Titelblatt eingefügt. Ein Blatt "Wie der ’Struwwelpeter’ entstand von Heinrich Hoffmann" wurde dem Titelblatt vorgesetzt. Es handelt sich dabei um einen Abdruck des Artikels, den Hoffmann für "Die Gartenlaube", Jg 1871, Nr. 46 verfaßt hatte. Der Einband ist schwarzweiß gehalten, auf der Rückseite befindet sich eine Verlagsannonce, in der u. a. für alle anderen Kinderbücher Hoffmanns ,sogar für "The English Struwwelpeter" und die "Melodien zum Struwwelpeter" geworben wird.

4.1.6     Der Struwwelpeter oder lustige Geschichten und drollige Bilder von Dr. Heinrich Hoffmann.

Leipzig: Insel Verl., o. J. 24 S. Insel-Bücherei Nr. 66

A

m Umschlag ist der Struwwelpeter in seiner ersten Gestalt abgebildet. Die Ausgabe enthält keine Jahreszahl, es ist vermutlich ein Exemplar der Erstauflage aus dem Jahr 1933, da bei späteren Ausgaben bereits eine Tausenderzählung angegeben wurde.

4.2     Vitrine 2

4.2.1     Rollerpeter

Holzspielzeug. Leihgabe aus einer privaten Schweizer Sammlung in der Nähe von Zürich.

4.2.2     De badische Schdruwwlpeder

Faksimile-Druck nach der ersten vollständigen Frankfurter Originalausgabe des Autors Dr. Heinrich Hoffmann; ins Badische übertragen von Charlotte Eggarter; herausgegeben von Martin Riegger und Ulrich Wiedmann, der auch das Nachwort verfaßt hat. Typographie, Reproduktion und Gesamtherstellung: Riegger Reprotechnik, Karlsruhe. [60 S.]

D

ie Ausgabe bringt auf 25 einseitig bedruckten Blättern die zehn bekannten Geschichten nebst einem leicht veränderten "Jubiläumsblatt". Anstelle des Prologs, der dem Struwwelpeter bei der hundertsten Auflage in den Mund gelegt wird steht: ’Zum 150. Geburtstag des "Struwwelpeter" und zum 100. Todestag (Dezember 1994 [recte: September 1894]) des Autors Dr. Heinrich Hoffmann’. Als Schrifttyp wurde die "alte Schwabacher" verwendet, so daß die Ausgabe ein bibliophiler Augenschmaus ist. Das Nachwort bringt eine kurze Biographie von Heinrich Hoffmann, einen Beitrag zur Pädagogik des Struwwelpeter sowie einen Bericht zur Entstehung dieses liebevoll gestalteten Bilderbuchs.

4.2.3     De Alemannische Strubelpeter

Luschtige Gschichte un glungeni Bilder noch em Heinrich Hoffmann ins Alemannische über­trage vo de Rosemarie Wiegand un em Walter Sauer. Nidderau: Naumann 1993. [32 S.]

B

eidseitig bedruckte Ausgabe mit einem Vorwort der Verfasser sowie einem kurzen Glossar alemannischer Wörter. Die Bilder beim "Vorsprüchli" sind leicht verändert, sonst sind es die heute bekannten Abbildungen.

4.2.4     Dr Sächssche Schdrubelbeder

Ulkche Geschichden un butzche Bilder von Heinrich Hoffmann off sächsisch gereimt von Michael Fritz. München: Ehrenwirth 1990. 32 S.

D

as Buch enthält 32 beidseitig bedruckte Seiten sowie das "Jubiläumsblatt" zur hundertsten Auflage. Im Vorwort wird gleichsam als Legitimierung der Übertragung in diesen Dialekt Hoffmanns Verbindung zu Sachsen erklärt (er erwarb u. a. 1833 an der Universität Halle sein Doktordiplom), und ein weitaus berühmterer Frankfurter - Johann Wolfgang von Goethe - hätte schließlich während seiner Studienzeit in Leipzig (1765-68) bereits den Spitznamen "Strubbelpeter" beigelegt bekommen.

4.2.5     Der kölsche Struwwelpitter

Kölsche Verzällcher met dä ahle Bilder för Lück met löstijem Hätze. Nach Dr. Heinr. Hoffmann bearbeitet von Heinz Heger. Bonn: Bouvier, 3. Aufl. 1994. 32 S.

K

ölsch ist nicht nur die Sprache, auch der Brunnen, an dem den bösen Friederich seine Strafe ereilt, ist "kölsch", er wird zum "Heizemännchesbrunne". Ein Zugeständnis an die Gegner von Hoffmanns angeblicher "schwarzer Pädagogik" wird augenzwinkernd gemacht: "... de Mamm niht de Dümcher widder aan. Konrad lötsch no nie mih draan."

4.3     ’Vitrine 3

4.3.1     Bobo Atama

Von Yoji Ito. Published by arrangement with Heinrich Hoffmann Museums copyright through Mitsumasa & Yoshimasa Ito. 3. Aufl. 1992. 32 S.

D

r. Yoji Ito (1901 - 1955) wurde in Onjuku/Chiba geboren. Nach Abschluß seines Studiums wurde er Offizier in der Marine, die ihn 1926 nach Dresden sandte, um an der Sächsischen Technischen Hochschule Forschungen auf dem Gebiet der Elektrowellen zu betreiben. Während eines Aufenthaltes in Berlin entdeckte er den "Struwwelpeter", den er spontan übersetzte. 1936, zum dritten Geburtstag seines Sohnes Harumasa, ließ Yoji Ito seine Übersetzung in Tokyo zum erstenmal drucken. 1980 erschien eine 2. Auflage in der heute üblichen japanischen Schrift Hiragana, für die sein Sohn Mitsumasa als Herausgeber zeichnet.

4.3.2     Blechbutton

Button 1: Der böse Friederich "... peitschte seine Gretchen gar ..."

Button 2: Hanns Guck-in-die-Luft " ...Wasser läuft dem armen Wicht

                                                           aus den Haaren ins Gesicht..."

4.3.3     Der Struwwelpeter und sein Vater.

Geschichte eines Bilderbuchs. G[ustav] A[dolf] E[rich] Bogeng. Potsdam: Rütten & Loening 1939. 122 S. Die Einbandzeichnung stammt von Heiner Rothfuchs.

L

iebevoll kritisch setzt sich der Autor mit dem Bilderbuch seiner Kindheit auseinander, wägt alle Für und Wider ab und kommt letztendlich zu dem Schluß, daß ein durchschnittliches, normal veranlagtes Kind sein Vergnügen und seine Lehren aus dem Buch ziehen kann.

Das nebenstehende Bild zeigt Hoffmann im Alter von ca. 35 Jahren, als er seinen Struwwelpeter schrieb.

 

4.3.4     Die Gartenlaube

Illustriertes Familienblatt. Verlag von Ernst Keil´s Nachfolger in Leipzig. 41. Jahrgang 1893. Tb 1.

D

ie Gartenlaube war eine illustrierte Wochenzeitschrift, die fast 100 Jahre hindurch erschien. 1853 von Ernst Keil (1816 - 1878) in Leipzig gegründet und bis zu seinem Tode von ihm geführt erlangte sie in kurzer Zeit unglaubliche Verbreitung. Mit 5.000 Exemplaren Startauflage lag sie nur 10 Jahre später bei 157.000 Exemplaren. Ihre höchste Auflagenzahl erreichte sie nochmals 10 Jahre später: 1875 betrug die Auflagenzahl rund 382.000 Stück. Ab 1938 wurde sie unter dem Titel "Die neue Gartenlaube" fortgesetzt bis 1944, zuletzt jedoch nur in monatlichen Folgen. Schriftsteller wie Felix Dahn, Ludwig Ganghofer und auch Peter Rosegger lieferten Beiträge für dieses deutsche Familienblatt.

In dieser populären Familienzeitschrift erzählt Hoffmann nach Aufforderung durch den Verlag ausführlich die Entstehungsgeschichte seines "Struwwelpeters". (Halbheft 1, p. 17 - 19) Erstaunlich ist die Form des Berichtes, denn es war durchaus unüblich, Personen selbst Stellung nehmen zu lassen zu ihren Werken. Das Buch war so bekannt und beliebt, daß der Redakteur es interessant genug für einen Bericht in seiner Zeitschrift fand. Sogar ein zweites Mal läßt er Hoffmann das Wort im Rahmen der Zeitschrift ergreifen. In der vorletzten Nummer desselben Jahres (Halbheft 27, p. 844 - 847) berichtet er noch einmal über seinen "Schlingel", wie ihm dieser zu einer Begegnung mit Kaiser Wilhelm I. verhilft.

4.4     Tafel 1

4.4.1     Der Militär-Struwwelpeter

oder lustige Geschichten und drollige Bilder von und für Militärs von 10 bis 100 Jahren (Frei nach dem "Struwwelpeter" des Dr. Heinrich Hoffmann.) Von A. H. Berlin: Verlag von Otto Janke, 1877. 45 S.

Unveränderter photomechanischer Nachdruck der Ausgabe von 1877 im Verlag "Heere der Vergangenheit", Krefeld. Durch ein Nachwort von J. Olmes erweitert.

W

er sich hinter der Abkürzung A. H. verbirgt, war nicht zu ermitteln. Bei der Brisanz des Stoffes  hatte der Verfasser ernste Folgen zu fürchten. Manche Darstellungen der geheiligten Institution "Militär" wie z. B. der prügelnde "böse Secondelieutenant Friederich" oder "Hauptmann von Streber oder Die bestrafte Dienstknüppelei" mußten ’höheren Orts’ mißliebig bemerkt werden. Das dürfte auch der Grund für diese einzige bekannte Auflage sein, und nur ganz wenige Originalexemplare sind noch erhalten. Das Bilderbuch gibt u. a. Aufschluß über die finanzielle Lage der Militärs, vor allem der unteren Ränge, die in den Jahren nach der Reichsgründung mehr als prekär war.

4.4.2     Struwwelhitler.

Eine englische Struwwelpeter-Parodie aus dem Jahre 1941 von Robert und Philip Spence (alias Dr. Schrecklichkeit) Köln: leske, 2. Aufl. 1986. 95 S. Aus dem Englischen in freier Übertragung von Wolf Dieter Bach und mit einer Übersetzung von Dieter H. Stündel. Mit einem Vorwort herausgegeben von Karl Riha.

D

ie Karikatur des bekannten Bilderbuchs schlägt einen knappen Bogen über die Geschichte des Nationalsozialismus und die Kriegsereignisse bis ins Jahr 1941. Der Autor "Dr. Schrecklichkeit" ist schon die erste gewollt satirische Anspielung auf den Frankfurter Arzt, der als Pseudonym seiner Erstauflage "Reimerich Kinderlieb" wählte. Die Autoren sind um eine genaue und bezeichnende Ableitung der Vorlage bemüht, wenn sie Mussolini, Göring, Goebbels, Heß und Hitler selbst in die entsprechende Position bringen, einige sogar zweimal. Hitler ist einmal der "Cruel Adolf" und das andere Mal der "Zappel-Adolf". Der wohlbeleibte Göring (The Hermann who wouldn't have Butter) magert bei jeder Entscheidung, die er für den Vierjahresplan der Wiederaufrüstung trifft, weiter ab, bis er schließlich dünner als eine Lebensmittelmarke ist.

Der Erlös der Schrift diente der Unterstützung der englischen Truppen im Krieg gegen Hitler-Deutschland. Den Druck des Heftes besorgte der "Daily Sketch", eine Zeitung, die eine Hilfsorganisation unterstützte.

4.4.3     Der Fall Struwwelpeter.

Juristisches Gutachten über Umtriebe von Kindern zur Warnung für aufsichtspflichtige Eltern und Pädagogen. Frankfurt a. M.: Eichborn, 1989. 142 S.

D

er Gutachter Jörg-Michael Günther klopft Bildgeschichte auf Bildgeschichte nach allen Regeln des Straf- und Zivilrechts ab; selbst öffentlich-rechtliche Fragen werden mit einem Augenzwinkern ins Kalkül gezogen. Ein humoristischer Leckerbissen für verantwortungsvolle Erziehungsberechtigte, ambitionierte Pädagogen, aufstrebende Jurastudenten und weise Richter.

4.5     Tafel 2

4.5.1     Der bayerische Struwwelpeter.

Elf gspaßige Gschichtln für Kloane und Große nach Dr. Heinrich Hoffmann. Von Alfons Schweiggert. Pfaffenhofen: Ludwig, 1990. 48 S.

D

urch die Übertragung in die bayerische Mundart ist dem Original viel von seiner Strenge und angeblichen Grausamkeit genommen, dafür sind die heiteren Aspekte betont. Auch Anzüglichkeiten auf die politische "Färbung" der Bayern fehlen nicht in der "Geschichte von den schwarzen Buben": "Bis heit san d'Bayern schwarz, geht d'Red. A jeder merkts, sie Säiba net." Die Aufteilung der Illustrationen folgt nicht dem Original.

4.5.2     Dä Struwlbeda.

Nachn Heinrich Hoffmann sei Originol in dä Närmbercher Mundoart in dera Ausgob nu ohne Bildla. Von Alfred Raab. Nürnberg: A. Hofmann, 1991. 16 S.

E

ine launige Vor- und Nachrede in Versform und natürlich auch in "Närmbercher Mundoart" nimmt bezug auf heutige Zustände und rückt die Geschichten auf die heitere Seite des Lebens. Ein kurzes Glossar erleichtert die vergnügliche Lektüre.

4.5.3     Dä Tri'rer Sdruwelpidder

von Heinrich Hoffmann. Ön där Tri'rer Spraoch von Maria-Anna Müller. Trier: Akademische Buchhandlung Interbook, 1. Aufl. 1984. 32 S.

D

ie Bilder dieser Tri'rer "Sdruwelpidder"-Ausgabe geben die jeweils schönsten Blätter ausgesuchter handkolorierter Frühdrucke wieder. Das Frontispiz zeigt das "Jubiläumsblatt zur hundertsten Auflage" in etwas verkleinerter, ansonsten ursprünglicher Gestalt.

4.5.4     Peider Sbarüffo.

Dalettaivlas istorgettas e queders per iffaunts da 3 a 6 ans da dr. Heinrich Hoffmann. Miss in rumauntsch per noss iffaunts ladins da dr. Jules Robbi. Francfurt al Main: Institut Litterar Rütten e Löning 1920. 25 S.

S

o steht es am wiederverwendeten Titelblatt der Ausgabe von 1920. Auf der Rückseite sind die Angaben zum vorliegenden Exemplar: Samedan: Stamparia engiadinaisa 1992. Philipp Walther da Champfèr hat den Text in"Puter" übertragen.

Die rätoromanische Sprache kennt vier Idiome. Im Engadin nennt man es Ladin, das sich unterscheidet in "Puter" (Oberengadin) und "Vallader" (Unterengadin). Die beiden heute noch erhältlichen Ausgaben sind auf Puter und Vallader.

4.5.5     Peider Sbarüffà.

Dalettaivlas istorgettas e quaders per uffants de 3 a 6 ons da dr. Heinrich Hoffmann miss in rumantsch per noss uffants ladins tras Men Gaudenz. Francfurt al Main: Institut Litterar Rütten e Löning 1920. 25 S.

Auch bei dieser Ausgabe ist das Titelblatt von 1920 verwendet. Die Angaben auf der Rückseite zum vorliegenden Buch lauten: Samedan: Stamparia engiadinaisa 1992. Die Sprache ist "Vallader".

4.6     Tafel 3

4.6.1     Jörrö-Jukka

Eli opettavaisia juttuja kuvinensa. Porvoo: Söderström, 15. Aufl. 1992. 24 S.

A

m Umschlag steht der Struwwelpeter auf seinem gewohnten Podest, das die folgende Aufschrift in finnischer Sprache trägt: Das berühmteste Kinderbuch der Welt. Bereits 1869 wurde die erste Bearbeitung in finnischer Sprache veröffentlicht. Auf der letzten Umschlagseite ist eine Abbildung aus der Geschichte vom wilden Jäger von der 2. Aufl. aus dem Jahr 1930.

4.6.2     Petrulus hirrutus

sive fabulae lepidae et picturae iocosae quas invenit ac depinxit Henricus Hoffmann, Doctor medicinae. Picturas secundum Hoffmanni exemplar delineavit et lignis incidit Fridericus Kredel. Versiculos in sermonem latinum transtulit Eduardus Bornemann. Francofurti Moenani a. p. Chr. n. 1956. In aedibus Rütten & Loening bibliopolarum qui iam originarium Hoffmanni librum edendum curaverunt.

D

iese lateinische Ausgabe des "Struwwelpeter" ist ein köstlicher Leckerbissen für alle "Lateiner" und solche, die glauben, welche zu sein. Für die Illustrationen wurden die von Fritz Kredel neu gefertigten Holzschnitte verwendet. Ursprünglich sollte Bornemann eine bereits existierende Übersetzung von Hans Jürgen Schmidt nachprüfen (Potsdam, 1938). Bei dieser Arbeit wurde er aber ein Opfer des dem Buch anhaftenden Zaubers. Zudem war sein Ehrgeiz als Frankfurter und Altsprachler geweckt, sodaß eine neue Übersetzung entstand. Neben diesen beiden Übersetzungen existieren noch soweit mir bekannt drei weitere Übertragungen ins Lateinische. Eine wurde von dem Schweizer Peter Wiesmann (Chur, 1953) verfaßt. 1934 übersetzte William H. D. Rouse eine englische Ausgabe. Sie erschien zweisprachig in London und Glasgow bei Blackie & Son. Der Italiener Ugo Enrico Paoli übertrug 1960 den Struwwelpeter ins Lateinische, die Ausgabe erschien in Florenz bei Le Monnier und in Bern bei Francke.

4.6.3     Piet de Smeerpoets

Of vrolijke verhalen en grappige plaatjes. Deze uitgave is voo het Nederlandse taalgebied bewerkt door Lidi Luurema. Den Haag: G.B. van Goor Zonen 1969. 20 S.

E

infache geheftet Ausgabe, der "Vorspruch" steht wie bei vielen ähnlichen Ausgaben auf der letzten Umschlagseite.

4.7     Tafel 4

4.7.1     Slovenly Peter

Or Happy Tales and Funny Pictures. Translated into English jingles from the original German of Dr. Heinrich Hoffmann by Mark Twain. Frankfurt a. Main: Insel Verl. 1. Aufl. 1983. Deutsch/Englisch.

M

ark Twain (1835 - 1910), eigentlich Samuel Langhorne Clemens, amerikanischer Schriftsteller, war nach Abbruch seines Schulbesuchs Druckerlehrling und Lotse auf dem Mississippi. Als er zu Ansehen und Reichtum gekommen war, lebte er mehrere Jahre in Europa. Herbst und Winter 1891/92 verbrachte er in Berlin. An einem verregneten Novembertag übersetzte er spontan in seinem Berliner Hotelzimmer den "Struwwelpeter" ins Englische, für seine Enkelkinder. Er soll die Verse in unnachahmlicher Weise seinen Enkeln zu Weihnachten am Kamin vorgetragen haben.

4.7.2     The English Struwwelpeter

Or Pretty Stories and Funny Pictures. Chobham: Forum Books, 2nd repr. 1992. 24 Bl.

A

us dem Buch ist kein Übersetzer zu eruieren, die Seiten sind einseitig bedruckt. Die Ausgabe ist gebunden und mit Schutzumschlag versehen.

4.7.3     Crasse-Tignasse.

Dr. Heinrich Hoffmann. "Der Struwwelpeter" adapté de l'allemand par Cavanna. Paris: l'école des loisirs, 1990. 37 S.

B

ereits 1979 erschien diese Übersetzung von François Cavanna. Das "Jubiläumsblatt zur hundertsten Auflage" ist vorne beigebunden. Hoffmanns eigener Beitrag zur Entstehungsgeschichte aus dieser Jubiläumsauflage ist in französischer Übersetzung als Nachwort abgedruckt.

4.8     Tafel 5

4.8.1     Der Struwwelpeter polyglott.

Die Bilder der kolorierten Zweiten Fassung und der deutsche Text mit Übertragungen ins Englische von Evan K. Gibson, ins Französische von Bernard Lortholary, ins Spanische von Víctor Canicio, ins Italienische von Maria Luisa Heinz-Mazzoni und ins Lateinische von Eduard Bornemann sowie mit Nachwort und Bibliographie herausgegeben von Walter Sauer. München: Deutscher Taschenbuch Verl., 3. Aufl. 1994. 137 S. dtv 11861.

E

s gibt bis heute keine Bibliographie der Struwwelpeter-Übersetzungen, obwohl immer wieder behauptet wird, der "Struwwelpeter" sei in viele, die meisten oder gar alle Sprachen Europas bzw. der Welt übersetzt worden. Der Herausgeber dieses Bandes hat eine Gesamtbibliographie aller fremdsprachigen "Struwwelpeter" in Angriff genommen. Wer aber weiß, wie wenig Kinderliteratur überhaupt bzw. Übersetzungen auf diesem Gebiet in wissenschaftlichen Bibliotheken und Bibliographien dokumentiert wird, der kann sich die Schwierigkeiten dieses Unternehmens vorstellen. Diese polyglotte Ausgabe beschert neben dem Spaß der Erinnerung ein sprach-spielerisches Vergnügen. Egal, ob man die vertretenen Fremdsprachen beherrscht oder Kenntnisse nur in Ansätzen vorhanden sind, es ist eine Entdeckungsreise für Jung und Alt. Die Übersetzungen mit Ausnahme der lateinischen Fassung wurden eigens für diese Ausgabe gemacht und erstmals in diesem Band veröffentlicht.

4.8.2     Grüße aus Frankfurt am Main

Grußkarten mit der Abbildung des "Struwwelpeter" in der jeweiligen Fassung der fremdsprachigen Ausgaben.

Shock-Headed Peter, engl. Struwwelpeter, London, 19. Jh.

Pierre L'Ébouriffé, franz. Struwwelpeter, Paris, 19. Jh.

Juan el Desgreñado, span. Struwwelpeter, Madrid, 19. Jh.

Pierino-Porcospino, ital. Struwwelpeter, Milano, um 1920

Jehoshua Haparua, hebräischer Struwwelpeter, Jerusalem, um 1955

4.9     Tafel 6

4.9.1     Das Urmanuskript des Struwwelpeter

von Dr. Heinrich Hoffmann. Neustadt/Weinstraße: Meininger, 2. Aufl. 1988. 80 S.

D

as seit 1902 im Besitz des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg, befindliche Urmanuskript des Struwwelpeter wird in einer liebevoll gestalteten und mit zahlreichen Informationen zum Leben Hoffmanns versehenen Ausgabe erstmals veröffentlicht. Einschließlich des Einbandes wurde es originalgetreu reproduziert. Dem Manuskript fehlen zwei Blätter aus der Geschichte von den schwarzen Buben, über deren Verbleib nichts bekannt ist. Sie werden hier durch die entsprechenden Seiten der Erstausgabe des Struwwelpeter ersetzt. Im Anhang zum Manuskript ist eine bisher unveröffentlichte Zeichnung reproduziert, die als separates Blatt dem Urmanuskript beiliegt. Möglicherweise handelt es sich um einen alternativen Entwurf zur Gestalt des Struwwelpeter von Heinrich Hoffmann.

4.10     Tafel 7

4.10.1     Der Struwwelpeter in seiner zweiten Gestalt

von Dr. Heinrich Hoffmann. Erstmalige Ausgabe des Originals von 1858. Berlin: Rütten & Loening , 1. Aufl. 1994. 62 S.

D

iese Faksimile-Ausgabe ist ein Beitrag der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main, des Heinrich-Hoffmann-Museums und des Verlages Rütten & Loening (der Struwwelpeter-Original-Verlag) zur 1200-Jahr-Feier der Stadt Frankfurt am Main. Sie enthält außerdem im Anschluß an die Struwwelpeter-Geschichten eine Studie zur Struwwelpeter-Figur.

Vierzehn Jahre nach der Urfassung des Struwwelpeter zeichnete Heinrich Hoffmann sein berühmtes Werk 1858 noch einmal. Nahezu hundert Jahre waren diese Zeichnungen selbst der Fachwelt unbekannt geblieben: Fast sechzig Jahre hatten sie in den Tresoren des Verlages Rütten & Loening gelegen, bis sie als Sicherheit für einen Kredit in den Besitz eines Bankiers übergingen. In den USA tauchten sie 1954 auf einer Auktion wieder auf. Nach dramatischen Aktionen brachte die Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt a. Main den bibliophilen Schatz schließlich in ihren Besitz.

4.11     Tafel 8

4.11.1     Der Struwwelpeter.

Erste Schweizer Ausgabe. Neu bearbeitet nach Vorlagen von Dr. H. Hoffmann. Herausgeber: I[gnaz]. K[arl]. Schiele. Zürich: Globi-Verl. , 1. Aufl. 1945. 45 Bl.

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er Herausgeber und Verleger erzählt, daß der Struwwelpeter das erste Bilderbuch seiner Kindheit gewesen sei, es habe ihn lange Zeit innerlich beschäftigt und jahrelang in Bann gehalten. Ohne Struwwelpeter wäre es nie zur Verlagsgründung gekommen. Zum 100-jährigen Jubiläum der Frankfurter Drucklegung gab er diese erste Schweizer Ausgabe heraus. Er bemühte sich, dem Original wieder näher zu kommen und erlaubte sich gewisse Freiheiten bei der zeichnerischen Neugestaltung. Zum Text der heute bekannten Ausgabe verwendet er Darstellungsweisen aus dem Urmanuskript (z. B. beim Bösen Friederich und der Gar traurigen Geschichte mit dem Feuerzeug.).

4.11.2     Der Struwwelpeter.

Lustige Geschichten und drollige Bilder von Dr. Heinrich Hoffmann. Berlin: Kinderbuchverlag, 1. Aufl. 1956. [24 S.]

D

ie Ausgabe hält sich eng an das Urmanuskript. Die Zensur im russisch besetzten Teil Berlins, in dem der Verlag seinen Sitz hatte, erzwang eine "antimilitaristische Säuberung", sodaß die Zeichnungen des Vorspruchs von Säbel und Gewehr befreit wurden. Wahrscheinlich wußten die Zensoren nicht, daß am Umschlag des Urmanuskripts ein besonders martialisches Gedicht Heinrich Hoffmanns auf der Rückseite steht und Kavallerie das Deckblatt ziert.

4.12     Tafel 9

4.12.1     König Nußknacker und der arme Reinhold

Ein Kindermärchen in Bildern von Heinrich Hoffmann. Verfasser des Struwwelpeter.

E

s ist ein richtiges Weihnachtsbilderbuch, das Hoffmann hier geschrieben und gezeichnet hat. Er geht dabei von der Idee aus, daß Kinder für eine unsichtbare Zauberwelt schwärmen. Er wollte nun sein Märchen in die ihnen vertraute Spielsachenwelt hineinversetzen und kaufte auf einer Reise nach Berchtesgaden und Salzburg in Nürnberg allerhand bemaltes Spielzeug, um Modelle zu bauen für sein Märchen. Als er bei der Zollrevision befragt wurde, ob er etwas zu verzollen hätte, meinte er "....möglicherweise, ich habe einen König im Koffer". Nach Begutachtung durch die Zollbehörde, durfte der König unbeanstandet passieren. Hoffmann versteht es in seinem Märchen, dem kranken Reinhold, der zu Beginn alles Mitleid auf sich zieht, die Weihnachtsnacht auf märchenhafte Weise zu verzaubern. Er läßt ihm im Traum alle Spielsachen lebendig erscheinen, zum Schluß marschieren gar alle Gestalten aus dem Struwwelpeter an Reinhold vorbei. Als der Knabe am Morgen erwacht, ist er plötzlich genesen und findet unterm Weihnachtsbaum all die bunten Spielsachen, die ihm im Traum erschienen sind.

Gleich nach dem Erscheinen der ersten Auflage 1851 durfte das Bilderbuch auf Grund einer Verbotsverfügung eine Zeitlang nicht verkauft werden. In dem Lied, das eine lustige Kinderschar dem König Nußknacker singt, erkannte man eine Anspielung auf die deutsche Kaiserhymne:

Heil dir, du Knupperhanns!

Hölzern in Pracht und Glanz!

Heil, Knacker, dir!

(Heil dir im Siegerkranz, Vater des Vaterlands, Heil, Kaiser, dir!)

Ganz "unbearbeitet" sollte aber auch dieses Buch nicht bleiben. In späteren Auflagen des J. F. Schreiber Verlages wurden die Seiten mit den kinderbringenden Klapperstörchen weggelassen. Der Verleger wollte diese wohl der "aufgeklärteren Jugend" nicht mehr zumuten.

4.12.2     Bastian der Faulpelz

Eine Bildergeschichte für Kinder verzeichnet und gereimt von dem Verfasser des "Struwwelpeter" Dr. Heinrich Hoffmann. Frankfurt a. M.: Insel Verl., 1. Aufl. 1984. [64 S.]

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as Buch vom Faulpelz Bastian wirkt beim ersten Mal wie eine der üblichen moralisierenden Geschichten, die Hoffmann selbst vehement ablehnte. Wenn man aber weiß, daß er selbst "... ein recht fauler und zerstreuter Schüler gewesen ist, der das Meisterstück fertiggebracht hat, zweieinhalb Jahre in Tertia sitzenzubleiben...", dann erhält diese Bildergeschichte einen eigenen Reiz. Als sein Vater merkte, "…daß der Heinrich ... in ungeregelter Tätigkeit und leichtsinniger Vergeßlichkeit fortlebt...", zwang er den Sohn, einen Dreizehn-Stunden-Arbeitstag einzuhalten:

1. 20 Minuten Zeit zum Waschen und Anziehen

2. Bis zum Kaffee: Klavierübung

3. Von 8 - 10 Uhr: Zeichnen

4. Von 10 Uhr bis zum Mittagessen: Repetition der lateinischen und griechischen Grammatik

5. Von 2 - 4 Uhr: Klavierübung

6. Von 4 - 7 Uhr: Repetition der deutschen, französischen und englischen Grammatik

7. Von 7 - 9 Uhr: Algebra

Dank dieser geistigen Anstrengungen wurde aus dem anfangs so faulen Heinrich - im Gegensatz zu seinem "Bastian" - ein angesehener Arzt und Bürger seiner Heimatstadt Frankfurt. Nicht Faulheit schlechthin stellt Hoff­mann in diesem Abc-Buch (und das ist es ja wohl) an den Pranger, sondern geistige Trägheit lehnt er entschieden ab. Das Buch erschien 1854 in der "Jäger'schen Buchhandlung" zu Frankfurt, deren Besitzer mit Hoffmann verwandt war. Nach zwei Auflagen in diesem Verlag kam auch der "Bastian" 1868 zum Originalverleger des Struwwelpeter, zu Rütten & Loening.

4.13     Tafel 10

4.13.1     Im Himmel und auf der Erde.

Herzliches und Schmerzliches aus der Kinderwelt von Heinrich Hoffmann. Herrsching: Pawlak, Repr. [o. J. ] [20 S.] In der Ausgabe fehlt die Geschichte vom "Fünklein, das spazieren ging".

1

858 erschien diese Sammlung von Geschichten für Kinder unterschiedlichen Alters. Die Idee zur ersten Geschichte entstand, als Hoffmann für seinen jüngsten Sohn Eduard  von 1852 - 1854 ein Bilderheft mit Versen anfertigte. Über vier Seiten hat er einen wunderschönen Reim-Rebus gedichtet, wobei beim Lesen viele kleine Bilder Worte ersetzen Wem fallen da nicht gleich die "Lesehilfen" für leseschwache oder -unwillige Kinder unserer Tage ein ? In der fehlenden Geschichte vom "Fünklein das spazieren ging" nimmt Hoffmann noch einmal Bezug auf die Gefahren des Feuers. Mit dem letzten Blatt gelingt Hoffmann etwas Besonderes: ein Kind steht vor einem geheimnisvollen Tor und guckt durch eine Ritze in einen märchenhaften Garten. Mit der Endzeile "...ich bring den Schlüssel das nächstemal..." entsteht ein großartiger Effekt: die Neugierde nach dem offensichtlich angekündigten Buch wird geweckt. Es sollte aber doch 13 Jahre dauern, bis es soweit war.

4.13.2     Prinz Grünewald und Perlenfein mit ihrem lieben Eselein

Ein Bildermärchen verzeichnet und gereimt von dem Verfasser des Struwwelpeter (H. Hoffmann-Donner). München: Kindler 1976. 52 S. (Geliebte Kinderbücher in Originalwiedergaben verlegt bei Kindler.)

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in Vierteljahrhundert, nachdem sein erstes Kinderbuch erschienen war, griff Hoffmann ein letztes Mal zu Stift und Pinsel, diesmal für seine Enkel Heiner und Carl. Es ist fast eine politische Parabel, die er erzählt. Eine Königsfamilie wird wegen ihrer Hochmütigkeit verdammt. Einzig die gute Prinzessin wird vor diesem Schicksal bewahrt, ihr ist es bestimmt, mit Hilfe ihres lieben Eseleins die Familie wieder zu erlösen. Auf den letzten fünf Seiten des Buches werden Kinderfeste gefeiert: in Gärten, auf einem Kuchenberg und in einer Brezelstadt. Das waren wohl die Herrlichkeiten, die das Kind auf der letzten Seite des vorigen Bilderbuches vorausschauend schon gesehen hat. Die Widmung, die Heinrich Hoffmann an seinem 61. Geburtstag schrieb und diesem letzten Bilderbuch voranstellte, klingt wie ein Schlußwort für sein Kinderbuchschaffen. Das Gedicht schließt mit dem Satz, der wohl einer der Leitsätze in Hoffmanns Leben war:"...Der altert nicht, wer mit der Jugend lebt."

4.14     Tafel 10 A

4.14.1     Besuch bei Frau Sonne

Neue lustige Geschichten von Heinrich Hoffmann. Verfasser des Struwwelpeter. Frankfurt a. M.: Insel Verl., 1. Aufl. 1985. [52 S.]

1

924 erschien diese Sammlung von Bildern und Reimen aus dem Nachlaß. Die Enkel Eduard und Walther Hessenberg wollten wohl sich selbst, anderen Erwachsenen und auch Kindern mit der Herausgabe dieses Buches Freude bereiten. Die Geschichten stammen alle, bis auf zwei, aus einem Buch, das Hoffmann im Verlauf von etwa vierzehn Jahren für seine Enkel angelegt hatte. An Sonntagen, wenn er in der rechten Stimmung war, zeichnete er im Beisein seiner Enkel die Bilder und schrieb sofort die Verse dazu. Eigentlich war es für die beiden ältesten Enkel Heiner und Carl gedacht. Nach dem frühen Tod von Heiner, der Hoffmann sehr getroffen hat, trat eine lange Pause ein. Erst 1884 begann er wieder regelmäßig zu zeichnen und zu reimen. Die meisten Geschichten waren sehr persönlich und inhaltlich eng mit der Familie verknüpft, sodaß für die Herausgabe nur solche ausgewählt wurden, die entweder ganz unpersönlich oder trotz persönlicher Anspielungen allgemein verständlich sind. Die o.a. zwei Geschichten stammen aus einem ähnlichen Heft, das Hoffmann für seinen jüngsten Sohn Eduard gezeichnet hatte. Bemerkenswert ist die Geschichte von der "Seltsamen Kaffeegesellschaft". Wer da in der Gästeliste die Namen Gänseschwein, Hahnenhund oder Schlangenspatz liest, denkt sofort an den Giraffenigel, das Rhinozepony oder den Ochsenspatz von Christian Morgenstern.

4.14.2     Dr. Heinrich Hoffmann und sein Struwwelpeter

Erinnerungen an den Arzt und Kinderbuchautor Dr. Heinrich Hoffmann und zum 150. Geburtstag seines Struwwelpeters. Hrsg. von Wolfgang Kohlweyer. Landshut: Kohlweyer, 1. Auf. 1994. 56 S.

I

n dem Buch sind neben einer Kurzbiographie Hoffmanns zahlreiche Abbildungen früherer Struwwelpeter-Ausgaben enthalten und auch die Entstehungsgeschichte des Struwwelpeter wird erzählt. Was das Buch aber darüber hinaus interessant macht, sind die wunderschönen Reproduktionen verschiedener "Struwwel­petri­aden". Unter diesem Oberbegriff versteht man die bereits wenige Jahre nach dem Ersterscheinen auftretenden Parodien und Nachahmungen für Kinder und Erwachsene, die in großer Zahl bis ins Jahr 1994 heraufreichen. Die Parodien für Er­wachsene verwenden den Struwwelpeter und seine Kumpane zur Anprangerung sozialer Zu­stände und politischer Geschehnisse. Hier werden jedoch ausschließlich Nachahmungen gezeigt, die sich an Kinder wenden. Die große Beliebtheit des Struwwelpeter wurde dazu mißbraucht, viele der Nachahmungen mit dem Zusatz "In der Art des Struwwelpeters" anzupreisen.

 

4.15     Tafel 9 A

4.15.1     Der Struwwelpeter auf Reisen.

Ein Bilderbuch für artige und fleißige Kinder. Text von Th. Drobisch in Leipzig. Zeichnungen von A. Karst in Düsseldorf. Zweite Auflage. Erfurt, Druck und Verlag von Friedrich Bartholomäus. Hanau: Dausien, Nachdruck [o. J.] 32 S.

D

ie erste Auflage erschien bereits 1857. Struwwelpeter darf als Belohnung für seine Besserung eine Reise unternehmen, die ihn durch das damals noch in viele kleine Teilstaaten zersplitterte Deutschland führt. Er kommt auf seiner Reise auch nach Wien, besucht dort das "Casperle-Theater" im Wiener Prater und den "Stephansthurm". Bevor er endgültig die Heimreise antritt, besucht er noch die Struwwelsuse, die inzwischen auch schon "...so reinlich, so manierlich, bescheiden, artig und so zierlich ..." geworden ist. Nach der Reichsgründung 1871 muß der "Struwwelpeter auf Reisen" umgeschrieben werden (Text von R. Hertwig, Illustrationen von H. Neuber). Jetzt fährt er natürlich ins neue Zentrum des Reiches, nach Berlin, wo die Audienz beim Kaiser den Höhepunkt der Reise bildet. Er verspricht sogar, sich in den Dienst des Kaisers zu stellen.

4.16     Tafel 8 A

4.16.1     Der Aegyptische Struwwelpeter

München: Kindler 1975. [16 Bl.] Geliebte Kinderbücher in Originalwiedergaben verlegt bei Kindler.

Dass.: Frankfurt a. M.: Sinemis Verl., 1987. [20 Bl.]

4.16.2     Photographie

Fritz Netolitzky ( 1875 - 1945) mit seiner Frau Kitty, geb. von Gunz (1880 - 1935)

4.17     Tafel 7 A

4.17.1     Die Struwwel-Liese

oder lustige Geschichten und drollige Bilder für Kinder. Von Dr. J. Lütje. Zeichnungen von F. Maddalena. Hamburg: Fritzsche. 70 Aufl. [Ca 1890]

Abbildungen aus Nr. 4.14.2. Dr. Heinrich Hoffmann und sein Struwwelpeter

4.17.2     Das bekannte Struwwelpaar und die ganze Struwwel-Schar

von Robert Hertwig. Ohne Verlags­angabe [ca. 1910]

Abbildungen aus Nr. 4.14.2 Dr. Heinrich Hoffmann und sein Struwwelpeter

 

 

4.17.3     Die Struwwelliese

Bilder von Charly Greifoner; Texte von Cilly Schmitt-Teichmann. Remseck bei Stuttgart: Unipart Verl. 1992. Genehmigte Lizenzausgabe. [10 Bl.] Papp-Bilderbuch.

Nur wenige Jahre, nachdem der Struwwelpeter in zahlreiche Kinderzimmer Einzug gehalten hatte, entstand das weibliche Gegenstück. Die Struwwel-Suse oder Die Struwwel-Liese z. B. entstanden bereits im vorigen Jahrhundert. Ida der Schmutzfink war etwa 1910 in Buchhandlungen zu finden und zwischen 1945 und 1950 gab es eine Loddermarie zu kaufen. Um 1960 erschien Struwwelchen. Die Geschichten von unartigen Kindern. Das ausgestellte Exemplar basiert auf einer Ausgabe aus dem Pestalozzi-Verl. aus dem Jahr 1950.

 

4.18     Tafel 6 A

4.18.1     Der Badeort Salzloch

Beschreibung s.Nr. 5.2.3  Exponate im Kurmittelhaus

4.18.2     Struwwwelpeter im Heilbad

Besinnliche Verse für unsere lieben Kurgäste. Den Text schrieb Walther Ottendorf-Simrock. Die Bilder zeichnete Hans Kossatz. Gütersloh: Flöttmann [o. J.] 27 S.

I

n heiteren, manchmal jedoch holprigen Versen, wird ein "Benimm-Buch" für Kurgäste vorgelegt Hoffmann habe seinen Struwwelpeter für unartige Kinder geschrieben, es gäbe aber natürlich ebenso unartige Erwachsene. Diese fielen besonders auf, wenn sie sich auf Kur befänden.

4.19     Tafel 5 A

4.19.1     So ein Struwwelpeter

Lustige Geschichten und drollige Bilder für Kinder von 3 bis 6 Jahren von Hansgeorg Stengel und Karl Schrader. Berlin: Der KinderBuchVerlag, 19. Aufl. 1993. [36 S.]

Ä

hnliche Unarten wie im Struwwelpeter werden erzählt, sie sind aber der heutigen Zeit angepaßt, wie zum Beispiel die Geschichte vom fernsehverrückten Frank. In der Geschichte vom verbrannten Spielzeug verbrennen nicht die zündelnden Kinder so wie das Paulinchen, sondern ihre reichlich vorhandenen Spielsachen werden ein Raub der Flammen."...

Nichts als dieses Aschenhäufel

hinterließ der Feuerteufel!

Alles, was noch übrigblieb,

war die kleine Blechmaus Piep."

 

 

4.19.2     Der Superstruwelpeter

Lustige Geschichten und drollige Bilder für Kinder von 3 bis 93 Jahren von Hansgeorg Stengel und Hans-Eberhard Ernst. Leipzig: Buchhandels- u. Verlagsanstalt, 1. Aufl. 1993. [48 S.]

E

in neuer Struwelpeter kommt zu Kindern und Erwachsenen. Vergnüglich unterweisen die beiden Autoren ihre Leser in der Art Hoffmanns, doch tragen sie der geänderten Situation auf dem Erziehungssektor Rechnung, indem sie schon im Vorspruch Eltern und Kindern eine Belohnung durch den Weihnachtsmann in Aussichtstellen, falls "... Eltern und das Kind / miteinander freundlich sind...." Rassismus, Drogen, übertriebener Ehrgeiz der Eltern für ihre Kinder, alle gängigen Erziehungsprobleme unserer Zeit werden ironisch aufs Korn genommen. Bei allem Ernst, der hinter den Bildern und Versen steckt, animiert auch dieses Buch zuerst zum Lachen, und dann zum Nachdenken, wie es vielleicht auch die ursprüngliche Intention von Heinrich Hoffmann war.

4.20     Tafel 4 A

4.20.1     Der ANTI-Struwwelpeter

Text und Illustration von Friedrich Karl Waechter. Darmstadt: Melzer 1973 [32 S.]

1

968 beginnt mit den Studentenunruhen in Berlin ein tiefgreifender und lang wirksamer Umdenkprozeß im pädagogischen Bereich. Das Kind wird mit dem berühmten Bade ausgeschüttet, und nachdem sich die Wogen etwas geglättet haben, herrscht erst recht größte Unsicherheit in Erziehungsfragen. Statt zu löschen, gießt Waechter mit seinem ANTI-Struwwelpeter Öl ins Feuer. Er verteidigt die Rechte der Kinder, indem er die Dinge umkehrt und sie auffordert "... Darum sei nicht fromm und brav / wie ein angepflocktes Schaf, / sondern wie die klugen Kinder / froh und frei. Das ist gesünder."

4.20.2     Der Struwwelpeter neu erzählt

Lustige Geschichten von Steffen Mensching und drollige Bilder von Dr. Heinrich Hoffmann. Berlin: Rütten & Loening, 1. Aufl. 1994. 24 S.

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ie skurrilen und witzigen Geschichten, die der Clown Mensching reimt, erzählen neue Abenteuer von Friederich, Kaspar und allen anderen bekannten Figuren, nur verändert er die Pointen, wie z. B. bei der Geschichte vom bösen Nachbarn.  Konrad wird ermahnt, nicht Klavier zu üben, nachdem die Mutter die Wohnung verlassen hat. Die Wände seien dünn und der Nachbar unberechenbar, er hätte nie eigene Kinder gehabt. Konrad verspricht brav zu sein, aber nach einer Stunde Daumenlutschen, greift er doch in die Tasten und baut auf die Wirkung Bach'scher Musik. Aber diese ist anders als erwartet, der Nachbar kommt mit der Schere "...und er schneidet, schnipp und schnapp, / Konrad beide Daumen ab...." (Wie ungerecht übrigens, denn Bach war es, der den Daumen als fünften Finger beim Klavier ins Spiel brachte!).

4.21     Tafel 3 A

4.21.1     Der Struwwelpeter

Lustige Geschichten von Dr. Heinrich Hoffmann und drollige Bilder von Manfred Bofinger. Berlin: Rütten & Loening, 1. Aufl. 1994. [28 S.]

M

anfred Bofinger, Illustrator zahlreicher Kinderbücher und Karikaturist mit oft ätzendem Stift, hat die anscheinend unsterblichen Geschichten des Struwwelpeter  mit neuen, aktuellen Bildern versehen. Auf nahezu bestürzende Weise stimmen nun alt und neu überein. Szenen aus unserem Leben: Friederich als randalierender Trinker, der Frau und Kinder schlägt, oder Skinheads, die den Mohren verlachen.

4.21.2     Die Struwwelpaula

Struwwelige Geschichten und haarige Bilder von Renate Alf, Barbara Henniger, HOGLI, Ute Krause, Cleo-Petra Kurze, Marie Marcks. Berlin: Rütten & Loening, 1. Aufl. 1994. 27 S.

S

echs Graphikerinnen folgen Heinrich Hoffmanns Zeigefinger in satirischer Übertreibung. Je nach Temperament der Autorinnen gewinnen Wut, Zorn oder hintergründige Komik die Oberhand bei den dargestellten alltäglichen Situationen.

4.21.3     Der Struwwelpeter umgetopft

von F. W. Bernstein nach Vor-Bildern von Dr. Heinrich Hoffmann. Berlin: Rütten & Loening, 1. Aufl. 1994. [28 S.]

D

er Knabe mit grünen Gamaschen und Afro-Look bekommt von Bernstein ein neues Kostüm und erzielt damit beim Betrachter Erstaunen, Befremden, Lächeln und vielleicht auch Nachdenklichkeit.

4.22     Tafel 2 A

4.22.1     Der Struwwelpeter

von Dr. Heinrich Hoffmann. Reinbek bei Hamburg: Carlsen, 4. Aufl. 1970. 24 S. Ein pixi Buch; Nr. 77.

4.22.2     Der Struwwelpeter

Die Geschichten vom wilden Jäger und vom Suppen-Kaspar. München [u. a.]: Delphin Verl. 1979. 16 S. Ein Klein-Happpybuch.

4.22.3     Ansichtskarte

Farbige Postkarte mit der "Struwwelpeterei" aus: König Nußknacker und der arme Reinhold. Ein Kindermärchen in Bildern von Heinrich Hoffmann. © Sinemis Verl., Frankfurt a. M.

4.22.4     Original Struwwelpeter - Schwarzer Peter

Das beliebte einfache Kartenspiel für kleine Kinder mit Motiven aus dem Struwwelpeter. Verwendet werden folgende Geschichten: Struwwelpeter / Hanns Guck-in-die-Luft / Die Geschichte von den schwarzen Buben / Die Geschichte vom wilden Jäger / Die Geschichte vom bösen Friederich / Die gar traurige Geschichte mit dem Feuerzeug. Der "Schwarze Peter" ist der Struwwelpeter in dunklem Gewand. Auffallend für ein "Schwarzer-Peter-Spiel" ist, daß keine Pärchen gefunden werden müssen, sondern laut beiliegender Spielanleitung jeweils vier Bilder einer Geschichte zu einem "Quartett" zusammengestellt werden. Die Anzahl der Spielkarten beträgt 25.

4.22.5     Stofftasche

Der Verlag Rütten & Löning hat anläßlich seines 150-jährigen Bestehens diese Tasche kreiert. Die Vorderseite ziert das bekannte Bild des Struwwelpeter auf dem Sockel, der die Inschrift trägt: 150 JAHRE RÜTTEN & LOENING. DER STRUWWELPETER-ORIGINAL-VERLAG. Den Sockel muß Struwwelpeter teilen mit den Struwwelpeter-Figuren von Manfred Bofinger und F. W. Bernstein.

 

4.23     Tafel 1 A

4.23.1     Des Hern Fix von Bickenbach Reise um die Welt in 77 Tagen

Original-Würfelspiel von Heinrich Hoffmann, erfunden und gezeichnte für seine Enkel Eduard, Carl Walther und Auguste, genannt Dulla, in Frankfurt am Main, um 1880. © by Struwwelpeter Museum, Frankfurt a. M.

E

infaches Gesellschaftsspiel für Kinder, das Hoffmann selbst für seine Enkel gezeichnet hat. Mehr als die Hälfte der 77 Spiel­felder ist mit kleinen Bildern ver­sehen, darunter befinden sich hand­schriftliche Eintragungen Hoff­manns, die die Spielregeln erklären. Es fehlt nicht an humor­vollen Bemerkungen; z. B. sind für die Verwendung eines Kübels bei See­krankheit 2 Mark zu bezahlen. Hoffmanns Humor ist auch im Namen des Spiels spürbar, denn wenn Jules Verne seinen Phileas Fogg in 80 Tagen um die Welt reisen läßt (1875 erschien die erste deutsche Übersetzung in Wien, Pest und Leipzig), so schafft es Herr Fix von Bicken­bach noch allemal in 77 Tagen und avanciert dabei so nebenbei zum Prinzen.

4.24     Sonstige Exponate

4.24.1     12 Schautafeln über Heinrich Hoffmann und sein Leben

Leihgabe des Struwwelpeter Museums in Frankfurt am Main

4.24.2     8 Plakatentwürfe zur Ausstellung

Gestaltet von Studenten der Pädagogischen Akademie des Bundes in Baden

4.24.3     Frankfurter Struwwelpeter - Zeitung Nr 1 / 1990

Die Zeitung wurde 1990 gegründet und herausgegeben von G. H. Herzog. Sie erscheint laut Impressum vierteljährlich in Zusammenarbeit mit dem Struwwelpeter Museum. In der vorliegenden Nummer wird natürlich über den Struwwelpeter berichtet, über Frankfurt und die besonderen Beziehungen zwischen dieser Stadt und Japan. Nach letzten Informationen ist bisher leider nur diese eine Nummer erschienen.

5     Exponate im Kurmittelhaus

5.1     Vitrine 1

5.1.1     InterCityExpress Heinrich Hoffmann

Plakat der Deutschen Bahn anläßlich der ICE-Taufe am 7. Mai 1994 von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr

Heinrich Hoffmann steht - mit seinem Struwwelpeter auf den Schultern - vor der Lokomotive des neuen InterCityExpress. Größe: 84cm x 60 cm

5.1.2     Die Gartenlaube.

Illustriertes Familienblatt. Jahrgang 1893, Tb 4.

 s. o. Nr.3.3.4, Exponate in der Volksbank, Vitrine 3

5.1.3     Heinrich Hoffmann: Lebenserinnerungen

Von den Urenkeln Hoffmanns - Else Hessenberg, Kurt Hessenberg und Mathilde Jung - autorisierter Neudruck, ergänzt und überarbeitet nach dem Original-Manuskript von Heinrich Hoffmann und der Erstausgabe von 1926. Frankfurt a. M.: Insel Verl., 1. Aufl. 1985. 364 S.

5.1.4     Heinrich Hoffmann: Schriften zur Psychiatrie

Von den Urenkeln Hoffmanns - Else Hessenberg, Kurt Hessenberg und Mathilde Jung - autorisierte Ausgabe nach Originalvorlagen aus dem Nachlaß von Heinrich Hoffmann. Frankfurt a. M.: Insel Verl., 1. Aufl. 1990. 458 S.

5.1.5     Heinrich Hoffmann: Gesammelte Gedichte, Zeichnungen und Karikaturen

Von den Urenkeln Hoffmanns - Else Hessenberg, Kurt Hessenberg und Mathilde Jung - autorisierte Ausgabe nach Originalvorlagen aus dem Nachlaß von Heinrich Hoffmann. Frankfurt a. M.: Insel Verl., 1. Aufl. 1987. 498 S.

5.1.6     Heinrich Hoffmann: Humoristische Studien und Satiren

Von den Urenkeln Hoffmanns - Else Hessenberg, Kurt Hessenberg und Mathilde Jung - autorisierte Ausgabe nach Originalvorlagen aus dem Nachlaß von Heinrich Hoffmann. Frankfurt a. M.: Insel Verl., 1. Aufl. 1986.

5.2     Vitrine 2

5.2.1     Plakat mit Struwwelpeter Darstellungen

Struwwelpeter-Darstellungen von verschiedenen fremdsprachigen Ausgaben sowie Abbildungen des Suppenkaspar. Größe: 68 cm x 50 cm

5.2.2     Plakat vom Skikindergarten St. Margarethen im Lungau

"Struwwelpeter" heißt der Ski-Kindergarten in Sankt Margarethen im Lungau. Auf dem Plakat prangt die bekannte Figur. Daneben werden die Leistungen des Wintersportortes, speziell die für Kinder angepriesen. Größe: 42 cm x 30 cm

5.2.3     Der Badeort Salzloch

Seine Jod- Brom-, Eisen und salzhaltigen Schwefelquellen und die tanninsauren animalischen Luftbäder, nebst einer Apologie des Hasardspiels. Dargestellt von Dr. Polykarpus Gastfenger, Fürstlich Schnackenbergischem Medicinalrathe und Brunnenarzte, ... Frankfurt a. M.: Literarische Anstalt (Rütten & Löning) 1860.

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er Badeort Salzloch usw. oder (dem Nachdruck-Titel angefügt) Wie man ein Bad einrichtet, Gäste gewinnt und unterhält. Bad Orb im Spessart: Verl. Orbensien, Reprint 1993. 144 S.

Mitte des vorigen Jahrhunderts entstanden in Salinenorten zahlreiche neue Badeanstalten. Infolge der beginnenden chemischen Industrie wurden große Kochsalzmengen als Ausgangsrohstoff benötigt. Die traditionellen Salinenorte konnten durch den hohen Holzverbrauch diesen Bedarf nicht mehr decken, sodaß vielen von ihnen das Aus drohte für ihre meist einzige Erwerbsquelle. Eine allgemeine Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Lage wäre die wenig erfreuliche Folge gewesen. Daher suchten viele Orte ihr Heil im Heilen. Sie richteten Badeanstalten ein für alle möglichen und unmöglichen Krankheiten und Übel des menschlichen Körpers. Ungefähr zur selben Zeit kamen Seebäder in Mode, die angeblich wahre Wunder bewirkten bei verschiedensten Leiden. Was lag näher, als auch im Binnenland die salzhaltigen Wässer, die beim Salzbergbau anfielen, gewinnbringend zu nutzen. Ein Arzt an der Saline Schönbeck/Elbe z. B. hatte bereits um 1800 seine Salinenarbeiter beobachtet, wie sie Sole zum Kurieren von allerlei Krankheiten nutzten und diese Beobachtung in einer seiner Schriften mitgeteilt.

Hoffmann macht sich in dieser Persiflage über das Bade(un)wesen seiner Zeit lustig, vor allem über die damals weit verbreitete Art, ein Bad zu kreieren. Schon die Widmung ist ein Grund zum Schmunzeln: "…Verwittweten Fürstinnen, Lebenslustigen Erbprinzen, Russischen und Ungarischen Magnaten, Starosten und Aehnlichen, Reichen reisenden Engländern, Prunksüchtigen Banquiers, kurz Allen berechtigten Vergnüglingen widmet in tiefster Ergebenheit diese Blätter der Verfasser." Nur die wenigsten Leser damals wußten, daß mitten im von Hoffmann stammenden Text oft wörtlich abgeschriebene Passagen aus tatsächlich existierenden Badevorschriften standen. Ein Faktum, das immer wieder in Beschreibungen von Badeorten auftauchte und noch heute auftaucht, ist die Aussage zur geographischen Lage:  alle sind vor kalten Nord- und Ostwinden geschützt. Zu einer zweiten, vom Verleger angeregten Auflage kam es nicht mehr, Hoffmann konnte sich nicht dazu entschließen: "...denn dazu hätte ich die neue Zeit nachtragen und erst Zeit und Geld kostende Badereisen machen müssen...."

 

5.2.4     Des Herrn Fix von Bickenbach Reise um die Welt in 77 Tagen

Beschreibung s. o. Nr. 4.23.1, Exponate in der Volksbank Baden, Tafel 1A

5.2.5     Original Struwwelpeter - Schwarzer Peter

Beschreibung s. o. Nr 4.22.4, Exponate in der Volksbank Baden, Tafel 2A

5.2.6     Frankfurter Struwwelpeter - Zeitung

Beschreibung s.o. Nr. 4.24.3, Exponate in der Volksbank Baden, sonstige Exponate

5.2.7     Der Struwwelpeter

Ungekürzte farbige Ausgabe von Dr. H. Hoffmann. Mit einem Nachwort von Dr. Andreas Bode. München: arsEdition, 1994. 32 S.

5.2.8     Der Struwwelpeter

oder lustige Geschichten und drollige Bilder für Kinder von 3 bis 6 Jahren von Dr. Heinrich Hoffmann. Originalausgabe, früher Rütten & Löning, Verlag, Frankfurt a. M. jetzt Loewes Verlag Ferdinand Carl. Stuttgart. 595. Auflage  [ca. 1920] 24 Bl.

A

uf dem ersten Blatt steht der Vorspruch und hat als Auflagenzählung die Eintragung: 629. - 637. Auflage. Auf der Umschlagrückseite wird Reklame für drei andere Bilderbücher des Verlags gemacht: "Die Heinzelmännchen" von August Kopisch; "Hänschen im Blaubeerenwald" von Else Beskow; "Der faule Teddybär" von Willy Planck.

5.2.9     Der Struwwelpeter

oder lustige Geschichten und drollige Bilder für Kinder von 3 - 6 Jahren von Dr. Heinrich Hoffmann. Mit einem Nachwort von Else Hessenberg, Urenkelin Heinrich Hoffmanns. Frankfurt a. M.: Verl. Heinrich-Hoffmann-Museum © 1979. [28 Bl.]

Neudruck nach handkolorierten Struwwelpeter-Ausgaben aus dem 19. Jahrhundert (Holz­schnitt­fassung). Im Anhang biographische Daten von Heinrich Hoffmann. Umschlagrückseite: Jubiläumsblatt zur 100. Auflage des Struwwelpeter 1876.Rückseite des Vortitelblattes: Originalzeichnung von Heinrich Hoffmann, um 1858. In dieser Form für Struwwelpeter-Ausgaben nicht verwendet.

5.2.10     Der Struwwelpeter

oder lustige Geschichten und drollige Bilder für Kinder von 3 bis 6 Jahren von Dr. Heinrich Hoffmann. Frankfurter Originalausgabe, Loewes Verlag Ferdinand Carl, Stuttgart. [o. J.] 24 S. Pappbilderbuch.

 Als Kaufpreis sind öS 22.- von Hand eingetragen.

5.2.11     Lestrade und die Struwwelpeter-Morde

von M. J. Trow. Deutsch von Hans J. Schütz. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verl., 11. - 13. Tsd. 1991. 249 S. Ein rororo thriller.

6     Exponate in der Pädagogoischen Akademie

In der Aula der Pädagogischen Akademie werden Schülerzeichnungen und -arbeiten gezeigt. Außerdem gibt es einen Überblick über Literatur zum Struwwelpeter und seine Interpretationen aus psychologischer und pädagogischer Sicht.

7     Verbundene Veranstaltungen

7.1     Struwwelpeter im Kreuzfeuer

Podiumsdiskussion in der Pädagogischen Akademie für alle Interessierten

Mittwoch, 25. Jänner 1995, 14 Uhr

 

7.2     Struwwelpeter-Kantate
Musical  – Neues vom Struwwelpeter

Der Urenkel von Heinrich Hoffmann, Kurt Hessenberg, vertonte die Texte seines Urgroßvaters. Diese Kantate wird vom Chor der Übungshauptschule und dem Jugendensemble der Musikfreunde der Stadt Baden unter der Leitung von Prof. Monika Herz zur Aufführung gebracht.

Das Musical "Neues vom Struwwelpeter" wurde eigens für dieses Projekt komponiert von Martin Vogl, Professor am Bundesinstitut für Sozialpädagogik in Baden. Zusammen mit Schülern dieser Anstalt und dem bereits genannten Orchester wird das Stück in Baden zur Uraufführung gebracht.

 

 

Freitag, 27. Jänner 1995, 19 Uhr im Festsaal der Pädagogischen Akademie.

 

Aufführung der Kantate und des Musicals

8     Verzeichnisse

8.1     Verzeichnis der Leihgeber

Böhme Hasso

Schweiz

Der Rollerpeter

Frankfurter Sruwwelpeter-Museum

Deutschland

Schautafeln

Gunz Gertrude

Österreich

Foto von Fritz und Kitty Netolitzky

Herlitschka Mag. Helmut

Österreich

Der Struwwelpeter

Hlawacek Adelheid

Österreich

Alle übrigen Exponate

Hlawacek Maria

Österreich

Der Struwwelpeter

Österr. Nationalbibliothek

Osterreich

Aegyptischer Struwwelpeter 1895
Kurzer Gynaekologischer Struwelpeter

Thiel-Schoonebeek Joke

Niederlande

Piet de Smeerpoets

Vogelmann Dr. Karin

Schweiz

Der Struwwelpeter und sein Vater
Der Struwwelpeter. Pixibuch Nr.77

Weyrich Alicia

Österreich

Die Geschichten vom wilden Jäger und vom Suppen-Kaspar

Weyrich Dr. Isabel

Österreich

Der Struwwelpeter

 

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